Motorrad-Reisen und -Touren

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Tag 134 – Zurück in Frankreich

14. November – 234.5 km von Barcelona nach Amélie les Bains

Am Donnerstag will ich in Pigna sein, zum Trial Trainig. Also mehr oder minder auf direktem Wege dorthin. Da ich für die Strecke einen Tag Reserve habe, spare ich mir die Autobahn und fahre mal wieder richtige Strasse.

Gebucht hatte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn etwas auf der französischen Seite der Pyrenäen. Was mir allerdings erst später in vollem Umfang bewusst wird, als ich die ersten schneebedeckten Berggipfel sehe: Dafür muss ich ja über die Pyrenäen. Ich hoffe, dass der Pass, den ich mir ausgesucht habe offen ist. War er zum Glück.

Coll d'Ares offen

Allerdings wars da oben schon ziemlich frisch mit 1.5 °C auf 1’500 m. Ich glaube, viel später hätte ich nicht nach Frankreich zurück fahren dürfen.

Aber dafür waren die Strassen in Frankreich wieder ein Traum. Fahren wie Gott in Frankreich, quasi.

Tag 133 – Knack

13. November – 0 km von in Barcelona

Hauptprogrammpunkte heute: Die langsam abklingende Infektion und dadurch bedingte Verlängerung der Nachtruhe sowie die Sangrada Familia von innen und oben.

Was mich ja unter anderem sehr fasziniert, wie die da in luftiger Höhe die Kräne aufgebaut haben und das hält. Wie haben die die da hoch bekommen auf die Höhe der oberen Abschlüsse der kleineren Türme?

Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien

Die Aussicht von oben auf die Stadt und auf die laufenden Bauarbeiten war nicht von schlechten Eltern.

Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien Aussicht von der Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien

Hoch ging’s mit dem Aufzug, runter wurde gelaufen. Im Gänsemarsch. Viel Mehr Platz gabs da auch nicht.

Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien

Weiter runter ging’s über eine Treppe ohne Mittelsäule. Da konnte ich von oben nach unten durchgucken. Das war, gelinde gesagt ein wenig seltsam.

Treppenabgang Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, SpanienDann nach Innen. Der Audioguide hat sich definitiv gelohnt. Man erfährt viel, was einem sonst sicherlich nicht auffallen würde.

Die Fenster sind einfach unglaublich und leuchten die ganze Kirche farbig aus.

Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien

Decke und Säulen können sich ebenfalls sehen lassen.

Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien

Danach Tapas Essen und zurück zum Hotel, gemütlich den Abend ausklingen lasen. Zumindest war das der Plan. Zum Zimmer 614, Schlüsselkarte davor gehalten, grüne Lampe leuchtet, Türklinke drücken. Geht etwas schwer und ich drücke stärker. Dann geht sie mit einem Knack runter und bleibt in dieser Stellung stehen. Natürlich ist die Tür nicht auf.

Also runter zur Rezeption. Die Situation kurz erklärt und um Hilfe geben. Die Rezeptionistin nimmt sich die Generalkarte aber hat mit der natürlich ebensowenig Erfolg wie ich. Wir diskutieren ein wenig und einigen uns darauf, dass das Zimmer aufgemacht wird. Noch heute. Da das Hotel eine Sauna hat einigen wir uns auch darauf, dass es einen Saunabesuch gibt während sie sich um die Öffnung der Türe bemüht.

Nach dem ersten Saunagang auf die Terasse und an der Bar einen Gin-Tonic bestellt. Aufs Zimmer schreiben lassen. Bei 614 blickt der Barkeeper auf und sagt etwas von: Aaah. The blocked door mit einer Bewegung einer runterdrückenden Türklinke. Ich war etwas erstaunt, dass das schon durch’s ganze Hotel ist mit dem Malheur,  aber es stellt sich dann raus, dass die Rezeptionistin ihn wohl auch um Hilfe gebeten hatte, er aber nichts ausrichten konnte.

Da mittilerweile schone eine gute Stunde rum ist, denke ich, ich geh mal gucken. Da hab ich aber geguckt.

Türgewalt, Barcelona, Katalonien, Spanien

Mittlerweile war der Schlüsseldienst da und versuchte das Schloss aufzubekommen. Das wohl schon eine halbe Stunde lang und ziemlich erfolglos. Die Rezeptionistin war auch dabei und war sich sicher, sie bekämen die Türe auf. Ich sage so: Kein Problem, hätte grade oben auf der Terasse einen Gin & Tonic bestellt und ich wäre oben. Natürlich war ich, kam ja grade aus der Sauna, noch im Bademantel und Hotelschlappen. Die Rezeptionistin guckte mich von oben bis unten an und vergewisserte sich dann: Oben? Auf der Terrasse? Draussen? Sie hatte einen Blick drauf, aus dem sich ganz deutlich schliessen lässt, dass Spanier Mitte November bei 15 Grad im Bademantel wohl eher nicht auf der Dachterasse sitzen. Ich hab die Gedankenblase über ihrem Kopf förmlich gesehen: Die Irren Deutschen.

Wie auch immer. Der Gin & Tonic (mit Hendrick’s, ohne Tanqueray aber dafür mit Gurke), war gut. Danach also nochmal runter gucken. Und dann hab ich gleich nochmal geguckt. Die Türe war immer noch nicht auf und verwaist.

Türgewalt, Barcelona, Katalonien, Spanien

Auf dem Weg zurück zum Aufzug steigt der Schlüsseldienstler aus dem Aufzug aus. Mit zwei Gasflaschen in der Hand und einem freundlichen Hola auf den Lippen. Gedacht habe ich: Oha. Schweres Geschütz. Mein Blick war wohl aber eher in etwa so wie der von der Rezeptionistin vorher. Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch an den Betrieb eines Schweissbrenners oder ähnlich.

Was macht man also, wenn man mitten in der Nacht im Hotel nicht ins Zimmer kommt: Also zur Bar nach unten noch was trinken.

Just in dem Moment gibt der Nachtportier grünes Licht für die offene Tür. Da war die Freude gross. Ich hatte aber zu dem Zeitpunkt noch keine Ahnung, wie richtig ich mit schweres Geschütz gelegen hatte. Der Schlüsseldienstler hatte nämlich die Gasflaschen nicht etwa dazu genutzt, um etwas aufzubrennen, sondern er hat die Türe damit aufgerammt. Das sowohl erfolgreich als auch mit entsprechenden Schäden am Türrahmen.

Türgewalt, Barcelona, Katalonien, Spanien

An der Türe war noch deutlich der Abdruck der Gasflasche zu sehen.

Türgewalt, Barcelona, Katalonien, Spanien

Soviel steht fest: In dem Hotel bricht man nicht mal so eben in ein Zimmer ein.

Bei all dem Zinnober auf dem Gang, inklusive des Aufkommens der Tür war das alles bestimmt nicht leise. Ich frage mich, was der Gast neben dem Zimmer wohl gedacht hat, der das ‚Bitte nicht stören‘ Zeichen aktiviert hatte….

Tag 132 – Barcelona

12. November – 0 km von in Barcelona
Neben Ausschlafen war Stadtbummel angesagt. Einfach mal gucken.

Dabei fallen einem putzige Firmennamen ins Auge

Los Sacos, Barcelona, Katalonien, Spanien

Die Sagrada Familia darf natürlich auch nicht fehlen. Das ist schon ein beeindruckender Bau — und ja auch noch gar nicht fertig.

Sagrada Familia, Barcelona, Katalonien, Spanien

Danach zum Plaça de Catalunya zur Markthalle La Boqueria, in denen einem schon das Wasser im Munde zusammenlaufen kann

Gewürze in der Markthalle La Boqueria, Barcelona, Katalonien, Spanien

Dann zum Plaça Real, der mit seinen Palmen schon etwas sehr südeuropäisches hat.

Plaça Real, Katalonien, Barcelona, Katalonien, Spanien

Gegen Abend gings dann zum Hafen. Lag ja alles auf dem Weg.

Boje im Hafen, Barcelona, Katalonien, Spanien Untergehende Sonne im Hafen von Barcelona, Katalonien, Spanien

Der Innenhof des Hotels hatte bei Abendbeleuchtung nach oben fotografiert schon fast was von einer optischen Täuschung

Hotelinnenhof Negresco Princess, Barcelona, Katalonien, Spanien

Ansonsten hatte mich irgend eine Infektion erwischt, die mich regelmässig zum stillen Örtchen hat sprinten lassen. Ging aber alles gut. Hab rechtzeitig jeweils eins gefunden.

Tag 131 – Ereignisarm

11. November – 222.2 km von Peñíscola nach Barcelona

Der Tag war ebenso ereignisarm wie die vorherigen Tage. Die Möglichkeiten sind die gleichen: Autobahn, ‚Küsten’strasse oder aussen rum. Die Wahl fällt schweren Herzens wieder auf Autobahn. Aber was soll’s war viel und lang in Spanien unterwegs, da machen ein paar Tage Autobahn auch nichts. Das gute daran: Die Autobahn ist so gut wie leer und TipTop gepflegt. Bei den Preisen wundert mich das auch nicht. Die Spanier nehmen’s von den Lebendigen. So um die 13 Cent pro Kilometer. Das läppert sich dann doch.

Tag 130 – Peñíscola

10. November – 365.7 km von Elche nach Peñíscola

Ich kann nichts dafür. Der Ort heisst wirklich so. Ich habe einfach nur wie üblich nach einer guten Unterkunft zu akzeptablem Preis in der Richtung, in die ich fahre gesucht. Aber mein heutiges Ziel hat zumindest bei einigen Freunden schon für Lacher gesorgt. Aber ich hab trotzdem einen Wein zum Abendessen genossen. Keine Cola.

Eigentlich dachte ich ja auch, mir einen gemütlichen Fahr-Tag machen zu wollen. Aber auf dem Weg nach Barcelona gab es drei Möglichkeiten:

  1. Durch’s Hinterland mit 260 km und 3 Stunden mehr als direkt
  2. Über die Autobahn
  3. An der Küste entlang

Die erste Option fällt weg. 600 km in zwei Tagen ist recht stressfrei zu machen. Aber 260 km mehr scheint keine gute Idee für stressfrei. Ausserdem habe ich gestern gemerkt, dass es verdammt schnell verdammt kühl wird, sobald man von der Küste weg fährt. Kalt hab ich auf dem Mopped noch lang genug.

Die zweite Option klingt so gar nicht verlockend. Das hatte ich gestern erst.

Die dritte Option scheint das kleinste Übel. Auch wenn ich damit rechne, dass an der Küste natürlich alles zugebaut ist. Jeder will ja schliesslich an der Küste wohnen.

Das geht auch erstmal gut. Bis dann die vielen kleinen Dörfer anfangen. Zwischen den Dörfern hänge ich hinter LKW, an denen ich wegen Gegenverkehrs kaum vorbeikomme. Und in den Dörfern quält sich die ganze Schlange an den massig roten Ampeln vorbei.

Hinter LKWs herfahren ist aus mehreren Gründen keine meiner Lieblingsbeschäftigungen:

  1. Man wird ganz schön durchgeschüttelt von der Windschleppe, die die Lastwagen hinter sich herziehen. Das gilt übrigens auch für PKW, die grade so modern sind (die, in denen man was höher sitzt)
  2. Ich sehe nichts. Aber so gar nichts
  3. Da wo eigentlich 90 oder 100 erlaubt wäre, komme ich trotzdem nicht so schnell vorwärts

Auch das Umschalten auf Spanischen-Roller-Simulationsmudus bringt nur kurz Linderung. Also entscheide ich mich schweren Herzens dann doch für Autobahn.

Und nun sitze ich hier auf dem Balkon meines Zimmers bei 16°C um 22:00 Uhr des 10. November, rauche die letzte der Abschiedszigarren aus dem Care-Paket meiner Ex-Kollegen (sehr lecker, Dankeschön! 🙂 ), höre dem Meer zu, der Halbmond scheint über mir und schreibe diesen Blog-Beitrag. Es gibt durchaus Schlimmeres.

Aber tatsächlich: Heute ist der erste Tag, ohne ein einziges Foto. Nur einen Screenshot vom Navi konnte ich grade noch rechtzeitig machen. Man sehe mir die 2 km/h Geschwindigkeitsübertretung nach.Peñíscola

 

Tag 129 – Ufosichtung

9. November – 608 km von Gibraltar nach Elche

Gestern als ich die Sache mit dem Gin geschrieben habe, dachte ich noch so, ob ich da nicht vielleicht ein wenig zu pingelig bin und hab noch ein wenig nachgedacht. Aber es würde ja auch keiner auf die Idee kommen (hoffe ich zumindest), Kristallweizen und Kölsch zu mischen weil’s gleich aussieht und Bier ist.

Bestätigt wurde ich dann auch noch beim Auschecken. Gefragt ob alles in Ordnung gewesen sei bin ich sehr zufrieden — bis auf die Leistung des Barkeepers. Als ich meine Gin-Story erzähle, ernte ich erstmal die Bitte, das nochmal zu erzählen. Und dann ein ungläubiges Gesicht mitsamt dem Kommentar: Geht ja gar nicht. Man mischt ja auch nicht Rum und Whiskey. Wir lachen beide herzlich bei dem Vergleich und der Tag fängt gut an.

Durch den reifenwechselbedingten Zwangs-Stopp in Portugal fehlen mir jetzt ein paar Tage. Daher war heute Autobahn-Tag. Bis auf ein kurzes Stück, zumindest. Das hatte es aber in sich. Schöne Kurven (warum vertippe ich mich bei Schöne und die Autokorrektur macht Schnee daraus? 🙂 ) in denen ich Vertrauen in die neuen Reifen bekomme.

Dann noch ein traumhaftes Bergdorf namens Ojén im Hinterland der Costa del Sol

Ojén, Andalusien, Spanien

und Ufo Sichtungen in der gleichen Gegend.Ufo-Sichtung bei Ojén, Andalusien, Spanien Ufo-Sichtung bei Ojén, Andalusien, Spanien

Oh. Und Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber letzteres ist ja kalter Kaffee. Das haben die Simpsons ja schon im Jahr 2000 vorhergesagt.

 

P.S.: Die Ufo-Sichtungen sind natürlich von mir frei erfunden. Die Bilder der Wolkenformationen sind allerdings echt. Für den Rest garantiere ich nicht und hoffe, dass ich gleich aus dem schlechten Traum aufwache.

Tag 128 – Mission accomplished

8. November – 194 km von Jerez de la Frontera nach Gibraltar

Die ganze Tour stand in gewisser Weise unter dem Motto Vom Nordkapp nach Gibraltar. So. Jetzt bin ich hier. Nach über 23’000 km und 128 Tagen: Ziel erreicht. Jetzt kann’s heim gehen in die Schweiz. Natürlich nicht direkt, sondern über Los, sprich Barcelona, Pigna und Sardinien. Der direkte Weg ist ja langweilig.

Und dass ich ausgerechnet an Tag 128 hier bin, war keineswegs geplant. Das hat sich so ergeben. Ich würde ja nicht behaupten, dass das Zufall sei. Weil ich an Zufälle nicht wirklich glaube.

Heute auf dem Weg durch diesen Teil Andalusiens scheint mir, dass das ein extrem armer Landstrich ist. Ausser Strasse und Windrädern ist da quasi nichts. Gehöfte, die mal da waren, sind verfallen und verlassen. Ich hab das mal bei Wikipedia nachgeschlagen und im ersten Quartal 2013 lag die Arbeitslosigkeit bie 36.8%. Ich unke jetzt mal, dass sich daran nicht viel geändert hat und finde es ganz krass, dass man das beim Durchfahren schon bemerken kann.

Putzige Schilder haben die hier aber. Dafür, dass kein Verkehr ist, ein ganz schön grosses Warnschild. Mir ist nur nicht klar, wovor das Schild warnen soll. Vor Autos, die plötzlich und ohne jeden Grund abbremsen? Das würde mir noch einleuchten. Vor Kurven (das hatten wir schon ein paar Mal in anderen Ländern) machen das die Spanier nämlich mal gerne.

Warnschild in Andalusien, Spanien

Erste Station des Tages: Tarifa. Der südlichste Punkt von Festlandeuropa, zumindest war das der Plan. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich auf dieser Tour schon vor gesperrten Strassen gestanden habe. Aber das ausgerechnet das eigentliche Ziel der Reise durch eine Strassenbaustelle unerreichbar ist, das wurmt mich doch im ersten Moment.

Das Schild, dass da nach links zeigt, ist ein Fake. Da ging’s ins Hafengelände und von da aus auch nicht mehr weiter. Ich habe geguckt. Rien ne va plus.

Strasse zum Punta de Tarifa, Andalusien, Spanien gesperrt

Dafür habe ich ein wenig weiter einen Schotterweg gefunden. Mit Zugang zum Wasser und menschenseelenleer. Genau das Richtige, um diesen Moment zu geniessen.

Schotter in Tarifa, Andalusien, Spanien

Afrika, von Tarifa, Andalusien, Spanien aus gesehen

Die Berge im Hintergrund ist schon Afrika. Sieht man auch nicht alle Tage.

Weiter ging’s nach Gibraltar. Ich hatte mir vorher keine Gedanken drüber gemacht. Aber als der Herr an der Grenze mich in feinstem British English nach meinem Pass fragt, frage ich mich, auf welcher Strassenseite ich denn nach der Grenze fahren muss. Glücklicherweise fahren die Rollerfahrer in Gibraltar genau so kamikazemässig wie die in Spanien und ich hänge mich an einen ran. Damit beantwortet sich dann auch die Frage: Auf der rechten Seite.

Gibraltar gehört zu den britischen Überseegebieten und ist ein eigenständiges Land. Naturgemäss also stark mit Grossbritannien verbändelt. Dazu komme ich gleich noch.

Zur Feier des Tages hab ich mir mal ein Hotel mit Meerblick und Balkon geleistet. Vom Bett aus seh ich Afrika. Wer kann das schon sagen? 🙂

Afrika vom Hotel Rock aus gesehen

Natürlich ist die Küche hier britisch geprägt und ich kann nicht anders, ich muss mir Fish & Chips bestellen. Die zweiten in viereinhalb Monaten, von daher vertretbar. Und sogar sehr gut.

Ausserdem war mir nach Gin & Tonic weil ich an der Bar gesehen hatte, dass die Hendrick’s haben. Da wir uns ja nun in einem britischen Überseegebiet befinden und Queen Mum mit Gin & Tonic über 100 Jahre alt geworden ist, möchte man denken, dass die Briten und deren Anhängsel sich mit Gin & Tonic auskennen. Möchte man. Die Geschichte ist so tragisch, die ist schon wieder lustig und muss ich einfach zum Besten geben.

Ich: Könnte ich einen Gin & Tonic mit Hendrick’s bekommen, bitte?

Barkeeper: Nickt, holt Glas, wirft Zitrone rein und Eis. Ich sehe, dass sie Gurken da liegen haben aber sage erstmal nichts. Dann zückt er die Tanqueray Flasche.

Ich: Mit Hendrick’s bitte.

Barkeeper: Stellt etwas wiederwillig die grüne Flasche weg und holt die braune. Versucht den Gin in das Glas zu geben. Es kommt nichts. Er zieht die Dosierkappe ab und kippt den Rest der Flasche in das Glas. Es reicht aber nicht ganz.

Britisches Paar neben mir: This might be dead.

Ich: Nicke. Lächle sie an. This one is pretty dead.

Barkeeper: Fängt hektisch an, nach einer neuen Flasche zu suchen. Auch Konsultation seiner Kollegen gibt kein klares Ergebnis. Die Brocken spanisch, die sie sich zuwerfen lassen mich schliessen, dass es irgendwo im Keller oder im Vorratsraum noch eine Flasche geben muss. Der Barkeeper beschliesst aber, dass es keine gibt, zückt wieder die Tanqueray Flasche und schraubt sie auf.

Ich: Ahne, was er vor hat. Please don’t mix that

Barkeeper: Ignoriert meine Bitte, sagt so etwas wie Gin ist Gin und kippt den Tanqueray auf den Hendrick’s.

Ich: Werfe einen hilflosen und ungläubigen Blick zu den beiden Briten

Britisches Paar: Gucken genau so hilflos, ungläubig, sichtlich amüsiert mit einem mitleidsvollen Blick zurück

Ich: You cannot mix that

Barkeeper: Merkt wohl, dass er zu weit gegangen ist. Fragt mich ob ich einen Tanqueray will, stattdessen.

Ich: Hatte mich zwar auf den Hendrick’s gefreut, aber sei’s drum. Mag den anderen ja auch gerne und ergebe mich in mein Schicksal.

Barkeeper: Stellt ein neues Glas hin. Zitrone, Eis, Tanquaray und macht einen ‚fertig‘ Eindruck.

Ich: Gebe ihm die Anstandssekunden, warte, ob noch was passiert und bitte ihn dann, dass er doch bitte auch noch Tonic zum Gin & Tonic dazu tut.

Dann endlich habe ich mein Getränk, kann zahlen und die Briten und ich werfen uns amüsierte Blicke zu, als ich an den beiden vorbeigehe.

Aber sei’s drum. Toller Tag, tolle Tour und ich möchte nichts davon missen!

Tag 127 – Reifenwechsel

7. November – 114.7 km von Sevilla nach Jerez de la Frontera

Netzwerkdose im Badezimmer, Hotel Bécquer, Sevilla, SpanienDa der Reifenwechsel erst für den Nachmittag angesagt war, habe ich mir Ausschlafen und Stadtrundgang verordnet.

Vor dem Stadtrundgang ist aber einmal noch Wundern angesagt. Über die Netzwerkdose im Badezimmer. Selbst wenn das eine Telefondose hätte sein sollen, hätte ich mich gewundert. Warum installiert man dort so etwas für teuer Geld?

Auf dem Weg durch die Stadt komme ich an einer Markthalle vorbei und muss einfach rein. Der Biergarden hatte zwar noch zu, aber die Atmosphäre ansonsten war einfach klasse.

Mercado de Triana, Sevilla, Spanien

Mercado de Triana, Sevilla, Spanien

Weiter durch die Stadt fällt mir schwer, zu beschreiben wie das auf mich wirkt. Einfach anders. Vielleicht liegt das auch daran, dass es 20°C in der Sonne ist und ich unter Palmen spaziere, während in der Schweiz der erste Schnee fällt. Ich bin sogar froh, dass es nicht noch wärmer ist. Sonst hätte ich ziemlich zu kämpfen gehabt in der Kombi.

Plaza de toros de la Real Maestranza de Caballería de Sevilla

Plaza del Altozano, Sevilla, Spanien

Torre del Oro, Sevilla, Spanien

Auch hier gibt’s Pferdekarren. Und zwar reichlich. Allerdings wohl eher weniger als alltägliches Transportmittel sondern eher als feudalen Weg, sich durch die Stadt kutschieren zu lassen. Aber — Ordnung muss sein — ebenfalls mit Kennzeichen.

Perdekutsche in Sevilla, Spanien

Als Ziel für die paar Stunden entscheide ich mich für den Plaza d’España, der ist zum einen in guter fussläufiger Entfernung, zum anderen scheinbar auch lohnenswert, was die Optik angeht. Gebaut und gestaltet zur iberoamerikanischen Ausstellung 1929 und umgeben von einem üppigen Park. Und der Weg war nicht vergebens.

Gummibaum im Maria Luisa Park, Sevilla, Spanien Palmen im Maria Luisa Park, Sevilla, Spanien Springbrunnen im Plaza de España, Sevilla, Spanien Kanal am Plaza de España, Sevilla, Spanien Hauptgebäude des Plaza de España, Sevilla, Spanien

Dann ab zum Reifenwechsel. Der läuft dank Übersetzungshilfe von Rodamoto reibungslos über die Bühne und jetzt bin ich mal gespannt, wie sich die für mich neuen Heidenau K60 Scout fahren, wenn sie mal eingefahren sind.

Und dann kommt heute Abend auch noch die Nachricht von der tro.net GmbH, meinem Provider, dass der durch den Blog mittlerweile knapp gewordene Webspace unkompliziert aufgestockt wird. Dann ist erstmal wieder Ruhe im Karton und ich kann weiter schreiben ohne auf den Platz gucken zu müssen 🙂

Streckenmässig hat’s dann nicht mehr ganz für den südlichsten Punkt Festlandeuropas nach Tarifa gereicht. Das mache ich dann eben morgen. Ist ja jetzt wirklich auf dem Weg.

Tag 126 – Kilometer fressen

6. November – 431.7 km von Ponte de Sor nach Sevilla

Motto des Tages: Auf schnellstem Wege, aber nicht über Autobahn und nicht über Los zum Reifenwechsel nach Sevilla. Reifenwechsel ist morgen Nachmittag und so hab ich Vormittags noch Zeit, mir ein wenig die Stadt anzuschauen.

Auf dem Weg komme ich sowohl in Portugal, als auch in Spanien an diversen, für mich sehr nach Protz und Southfork Ranch aussehenden ‚Einfahrten‘ vorbei

Farm Einfahrt in Portugal

Ich blicke zuerst nicht, was das soll. So einen wirklichen Zweck (ausser protzen und schick ausschauen) scheinen die Dinger nicht zu haben.  Später komme ich dann dahinter, als ich an einem vorbei fahre, das scheinbar einsam, verlassen und ohne Haus am Rand eines Olivenhains steht. Von der Strasse aus kann man tatsächlich nichts sehen und ich vermute, dass sich diese Einfahrten mal entwickelt haben, damit man überhaupt die Einfahrt zum Haus findet falls das Haus sehr weit ins Gelände gebaut ist.

Ansonsten gibts in Portugal massig von der Strasse aus sichtbare und weggehende nicht gepflasterte Wege. Mich juckt es schon sehr, mal zu gucken wo die hin gehen. Zugunsten von Strecke und Reifenwechsel verzichte ich aber auf Experimente.

Später in Spanien mal wieder: Rien ne va plus.  Dumm nur, dass hier die die Verbindungsstrasse zwischen meinem Standort und der Strasse nach Sevilla gesperrt ist. Ich überlege kurz und entscheide mich dann, dass ich ja zu einer der Fincas will, die da an der Strasse stehen. Nützt aber auch nichts. Nach ein paar Kilometern faucht und raucht die Strasse vom neuen Teerbelag und ich möchte nicht derjenige sein, der vor allen Arbeitern die ersten Spuren in den noch heissen Teer zieht. Also mal wieder grossräumige Umfahrung angesagt. Dieses Wort könnte das Motto für die  ganze Tour sein. Die Schweiz habe ich in gewissem Sinne ja auch grossräumig umfahren.

Strassensperre in Spanien

Tag 125 – Digitaler Hausputz

5. November – Mopped steht immer noch im Hof der Pension in Ponte de Sor

Na immerhin habe ich den zerdetschten Koffer wieder soweit grade gebogen, dass ich ihn einigermassen wieder zu bekomme. Dicht ist der bestimmt nicht mehr. Aber egal. Das ist jetzt halt so. Ich hab geändert, was ich ändern kann, lasse, was ich nicht mehr ändern kann und bin weise genug, das eine vom anderen zu unterscheiden. Frei nach dem Gelassenheitsgebet.

Im Übrigen war heute digitaler Hausputz angesagt. Mal viele Dinge gemacht, für die sonst die Zeit einfach zu schade ist.

Ausserdem das Video vom 25.10. mal geschnitten. Das stand auch schon länger auf meiner Liste. Naja. Seit dem 25.10. halt 😉

Und wieder um eine Erfahrung reicher. Für die Portugiesen scheint der Koriander wie für die Litauer der Kümmel. Er ist einfach überall drin. Beides, um das mal vorsichtig auszudrücken, eher nicht so meine Favoriten. Aber heute hatte ich was, da schmeckte der Koriander sogar. Ich hab’s aufgegessen bis zum Schluss. Eine Art Semmelknödel, aber länglich mit viel Koriander. Das passte gut zusammen und zeigt mal wieder: Probieren geht über Studieren.