Motorrad-Reisen und -Touren

Schlagwort Archiv: Spanien

Tag 134 – Zurück in Frankreich

14. November – 234.5 km von Barcelona nach Amélie les Bains

Am Donnerstag will ich in Pigna sein, zum Trial Trainig. Also mehr oder minder auf direktem Wege dorthin. Da ich für die Strecke einen Tag Reserve habe, spare ich mir die Autobahn und fahre mal wieder richtige Strasse.

Gebucht hatte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn etwas auf der französischen Seite der Pyrenäen. Was mir allerdings erst später in vollem Umfang bewusst wird, als ich die ersten schneebedeckten Berggipfel sehe: Dafür muss ich ja über die Pyrenäen. Ich hoffe, dass der Pass, den ich mir ausgesucht habe offen ist. War er zum Glück.

Coll d'Ares offen

Allerdings wars da oben schon ziemlich frisch mit 1.5 °C auf 1’500 m. Ich glaube, viel später hätte ich nicht nach Frankreich zurück fahren dürfen.

Aber dafür waren die Strassen in Frankreich wieder ein Traum. Fahren wie Gott in Frankreich, quasi.

Tag 131 – Ereignisarm

11. November – 222.2 km von Peñíscola nach Barcelona

Der Tag war ebenso ereignisarm wie die vorherigen Tage. Die Möglichkeiten sind die gleichen: Autobahn, ‚Küsten’strasse oder aussen rum. Die Wahl fällt schweren Herzens wieder auf Autobahn. Aber was soll’s war viel und lang in Spanien unterwegs, da machen ein paar Tage Autobahn auch nichts. Das gute daran: Die Autobahn ist so gut wie leer und TipTop gepflegt. Bei den Preisen wundert mich das auch nicht. Die Spanier nehmen’s von den Lebendigen. So um die 13 Cent pro Kilometer. Das läppert sich dann doch.

Tag 130 – Peñíscola

10. November – 365.7 km von Elche nach Peñíscola

Ich kann nichts dafür. Der Ort heisst wirklich so. Ich habe einfach nur wie üblich nach einer guten Unterkunft zu akzeptablem Preis in der Richtung, in die ich fahre gesucht. Aber mein heutiges Ziel hat zumindest bei einigen Freunden schon für Lacher gesorgt. Aber ich hab trotzdem einen Wein zum Abendessen genossen. Keine Cola.

Eigentlich dachte ich ja auch, mir einen gemütlichen Fahr-Tag machen zu wollen. Aber auf dem Weg nach Barcelona gab es drei Möglichkeiten:

  1. Durch’s Hinterland mit 260 km und 3 Stunden mehr als direkt
  2. Über die Autobahn
  3. An der Küste entlang

Die erste Option fällt weg. 600 km in zwei Tagen ist recht stressfrei zu machen. Aber 260 km mehr scheint keine gute Idee für stressfrei. Ausserdem habe ich gestern gemerkt, dass es verdammt schnell verdammt kühl wird, sobald man von der Küste weg fährt. Kalt hab ich auf dem Mopped noch lang genug.

Die zweite Option klingt so gar nicht verlockend. Das hatte ich gestern erst.

Die dritte Option scheint das kleinste Übel. Auch wenn ich damit rechne, dass an der Küste natürlich alles zugebaut ist. Jeder will ja schliesslich an der Küste wohnen.

Das geht auch erstmal gut. Bis dann die vielen kleinen Dörfer anfangen. Zwischen den Dörfern hänge ich hinter LKW, an denen ich wegen Gegenverkehrs kaum vorbeikomme. Und in den Dörfern quält sich die ganze Schlange an den massig roten Ampeln vorbei.

Hinter LKWs herfahren ist aus mehreren Gründen keine meiner Lieblingsbeschäftigungen:

  1. Man wird ganz schön durchgeschüttelt von der Windschleppe, die die Lastwagen hinter sich herziehen. Das gilt übrigens auch für PKW, die grade so modern sind (die, in denen man was höher sitzt)
  2. Ich sehe nichts. Aber so gar nichts
  3. Da wo eigentlich 90 oder 100 erlaubt wäre, komme ich trotzdem nicht so schnell vorwärts

Auch das Umschalten auf Spanischen-Roller-Simulationsmudus bringt nur kurz Linderung. Also entscheide ich mich schweren Herzens dann doch für Autobahn.

Und nun sitze ich hier auf dem Balkon meines Zimmers bei 16°C um 22:00 Uhr des 10. November, rauche die letzte der Abschiedszigarren aus dem Care-Paket meiner Ex-Kollegen (sehr lecker, Dankeschön! 🙂 ), höre dem Meer zu, der Halbmond scheint über mir und schreibe diesen Blog-Beitrag. Es gibt durchaus Schlimmeres.

Aber tatsächlich: Heute ist der erste Tag, ohne ein einziges Foto. Nur einen Screenshot vom Navi konnte ich grade noch rechtzeitig machen. Man sehe mir die 2 km/h Geschwindigkeitsübertretung nach.Peñíscola

 

Tag 129 – Ufosichtung

9. November – 608 km von Gibraltar nach Elche

Gestern als ich die Sache mit dem Gin geschrieben habe, dachte ich noch so, ob ich da nicht vielleicht ein wenig zu pingelig bin und hab noch ein wenig nachgedacht. Aber es würde ja auch keiner auf die Idee kommen (hoffe ich zumindest), Kristallweizen und Kölsch zu mischen weil’s gleich aussieht und Bier ist.

Bestätigt wurde ich dann auch noch beim Auschecken. Gefragt ob alles in Ordnung gewesen sei bin ich sehr zufrieden — bis auf die Leistung des Barkeepers. Als ich meine Gin-Story erzähle, ernte ich erstmal die Bitte, das nochmal zu erzählen. Und dann ein ungläubiges Gesicht mitsamt dem Kommentar: Geht ja gar nicht. Man mischt ja auch nicht Rum und Whiskey. Wir lachen beide herzlich bei dem Vergleich und der Tag fängt gut an.

Durch den reifenwechselbedingten Zwangs-Stopp in Portugal fehlen mir jetzt ein paar Tage. Daher war heute Autobahn-Tag. Bis auf ein kurzes Stück, zumindest. Das hatte es aber in sich. Schöne Kurven (warum vertippe ich mich bei Schöne und die Autokorrektur macht Schnee daraus? 🙂 ) in denen ich Vertrauen in die neuen Reifen bekomme.

Dann noch ein traumhaftes Bergdorf namens Ojén im Hinterland der Costa del Sol

Ojén, Andalusien, Spanien

und Ufo Sichtungen in der gleichen Gegend.Ufo-Sichtung bei Ojén, Andalusien, Spanien Ufo-Sichtung bei Ojén, Andalusien, Spanien

Oh. Und Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber letzteres ist ja kalter Kaffee. Das haben die Simpsons ja schon im Jahr 2000 vorhergesagt.

 

P.S.: Die Ufo-Sichtungen sind natürlich von mir frei erfunden. Die Bilder der Wolkenformationen sind allerdings echt. Für den Rest garantiere ich nicht und hoffe, dass ich gleich aus dem schlechten Traum aufwache.

Tag 128 – Mission accomplished

8. November – 194 km von Jerez de la Frontera nach Gibraltar

Die ganze Tour stand in gewisser Weise unter dem Motto Vom Nordkapp nach Gibraltar. So. Jetzt bin ich hier. Nach über 23’000 km und 128 Tagen: Ziel erreicht. Jetzt kann’s heim gehen in die Schweiz. Natürlich nicht direkt, sondern über Los, sprich Barcelona, Pigna und Sardinien. Der direkte Weg ist ja langweilig.

Und dass ich ausgerechnet an Tag 128 hier bin, war keineswegs geplant. Das hat sich so ergeben. Ich würde ja nicht behaupten, dass das Zufall sei. Weil ich an Zufälle nicht wirklich glaube.

Heute auf dem Weg durch diesen Teil Andalusiens scheint mir, dass das ein extrem armer Landstrich ist. Ausser Strasse und Windrädern ist da quasi nichts. Gehöfte, die mal da waren, sind verfallen und verlassen. Ich hab das mal bei Wikipedia nachgeschlagen und im ersten Quartal 2013 lag die Arbeitslosigkeit bie 36.8%. Ich unke jetzt mal, dass sich daran nicht viel geändert hat und finde es ganz krass, dass man das beim Durchfahren schon bemerken kann.

Putzige Schilder haben die hier aber. Dafür, dass kein Verkehr ist, ein ganz schön grosses Warnschild. Mir ist nur nicht klar, wovor das Schild warnen soll. Vor Autos, die plötzlich und ohne jeden Grund abbremsen? Das würde mir noch einleuchten. Vor Kurven (das hatten wir schon ein paar Mal in anderen Ländern) machen das die Spanier nämlich mal gerne.

Warnschild in Andalusien, Spanien

Erste Station des Tages: Tarifa. Der südlichste Punkt von Festlandeuropa, zumindest war das der Plan. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich auf dieser Tour schon vor gesperrten Strassen gestanden habe. Aber das ausgerechnet das eigentliche Ziel der Reise durch eine Strassenbaustelle unerreichbar ist, das wurmt mich doch im ersten Moment.

Das Schild, dass da nach links zeigt, ist ein Fake. Da ging’s ins Hafengelände und von da aus auch nicht mehr weiter. Ich habe geguckt. Rien ne va plus.

Strasse zum Punta de Tarifa, Andalusien, Spanien gesperrt

Dafür habe ich ein wenig weiter einen Schotterweg gefunden. Mit Zugang zum Wasser und menschenseelenleer. Genau das Richtige, um diesen Moment zu geniessen.

Schotter in Tarifa, Andalusien, Spanien

Afrika, von Tarifa, Andalusien, Spanien aus gesehen

Die Berge im Hintergrund ist schon Afrika. Sieht man auch nicht alle Tage.

Weiter ging’s nach Gibraltar. Ich hatte mir vorher keine Gedanken drüber gemacht. Aber als der Herr an der Grenze mich in feinstem British English nach meinem Pass fragt, frage ich mich, auf welcher Strassenseite ich denn nach der Grenze fahren muss. Glücklicherweise fahren die Rollerfahrer in Gibraltar genau so kamikazemässig wie die in Spanien und ich hänge mich an einen ran. Damit beantwortet sich dann auch die Frage: Auf der rechten Seite.

Gibraltar gehört zu den britischen Überseegebieten und ist ein eigenständiges Land. Naturgemäss also stark mit Grossbritannien verbändelt. Dazu komme ich gleich noch.

Zur Feier des Tages hab ich mir mal ein Hotel mit Meerblick und Balkon geleistet. Vom Bett aus seh ich Afrika. Wer kann das schon sagen? 🙂

Afrika vom Hotel Rock aus gesehen

Natürlich ist die Küche hier britisch geprägt und ich kann nicht anders, ich muss mir Fish & Chips bestellen. Die zweiten in viereinhalb Monaten, von daher vertretbar. Und sogar sehr gut.

Ausserdem war mir nach Gin & Tonic weil ich an der Bar gesehen hatte, dass die Hendrick’s haben. Da wir uns ja nun in einem britischen Überseegebiet befinden und Queen Mum mit Gin & Tonic über 100 Jahre alt geworden ist, möchte man denken, dass die Briten und deren Anhängsel sich mit Gin & Tonic auskennen. Möchte man. Die Geschichte ist so tragisch, die ist schon wieder lustig und muss ich einfach zum Besten geben.

Ich: Könnte ich einen Gin & Tonic mit Hendrick’s bekommen, bitte?

Barkeeper: Nickt, holt Glas, wirft Zitrone rein und Eis. Ich sehe, dass sie Gurken da liegen haben aber sage erstmal nichts. Dann zückt er die Tanqueray Flasche.

Ich: Mit Hendrick’s bitte.

Barkeeper: Stellt etwas wiederwillig die grüne Flasche weg und holt die braune. Versucht den Gin in das Glas zu geben. Es kommt nichts. Er zieht die Dosierkappe ab und kippt den Rest der Flasche in das Glas. Es reicht aber nicht ganz.

Britisches Paar neben mir: This might be dead.

Ich: Nicke. Lächle sie an. This one is pretty dead.

Barkeeper: Fängt hektisch an, nach einer neuen Flasche zu suchen. Auch Konsultation seiner Kollegen gibt kein klares Ergebnis. Die Brocken spanisch, die sie sich zuwerfen lassen mich schliessen, dass es irgendwo im Keller oder im Vorratsraum noch eine Flasche geben muss. Der Barkeeper beschliesst aber, dass es keine gibt, zückt wieder die Tanqueray Flasche und schraubt sie auf.

Ich: Ahne, was er vor hat. Please don’t mix that

Barkeeper: Ignoriert meine Bitte, sagt so etwas wie Gin ist Gin und kippt den Tanqueray auf den Hendrick’s.

Ich: Werfe einen hilflosen und ungläubigen Blick zu den beiden Briten

Britisches Paar: Gucken genau so hilflos, ungläubig, sichtlich amüsiert mit einem mitleidsvollen Blick zurück

Ich: You cannot mix that

Barkeeper: Merkt wohl, dass er zu weit gegangen ist. Fragt mich ob ich einen Tanqueray will, stattdessen.

Ich: Hatte mich zwar auf den Hendrick’s gefreut, aber sei’s drum. Mag den anderen ja auch gerne und ergebe mich in mein Schicksal.

Barkeeper: Stellt ein neues Glas hin. Zitrone, Eis, Tanquaray und macht einen ‚fertig‘ Eindruck.

Ich: Gebe ihm die Anstandssekunden, warte, ob noch was passiert und bitte ihn dann, dass er doch bitte auch noch Tonic zum Gin & Tonic dazu tut.

Dann endlich habe ich mein Getränk, kann zahlen und die Briten und ich werfen uns amüsierte Blicke zu, als ich an den beiden vorbeigehe.

Aber sei’s drum. Toller Tag, tolle Tour und ich möchte nichts davon missen!

Tag 127 – Reifenwechsel

7. November – 114.7 km von Sevilla nach Jerez de la Frontera

Netzwerkdose im Badezimmer, Hotel Bécquer, Sevilla, SpanienDa der Reifenwechsel erst für den Nachmittag angesagt war, habe ich mir Ausschlafen und Stadtrundgang verordnet.

Vor dem Stadtrundgang ist aber einmal noch Wundern angesagt. Über die Netzwerkdose im Badezimmer. Selbst wenn das eine Telefondose hätte sein sollen, hätte ich mich gewundert. Warum installiert man dort so etwas für teuer Geld?

Auf dem Weg durch die Stadt komme ich an einer Markthalle vorbei und muss einfach rein. Der Biergarden hatte zwar noch zu, aber die Atmosphäre ansonsten war einfach klasse.

Mercado de Triana, Sevilla, Spanien

Mercado de Triana, Sevilla, Spanien

Weiter durch die Stadt fällt mir schwer, zu beschreiben wie das auf mich wirkt. Einfach anders. Vielleicht liegt das auch daran, dass es 20°C in der Sonne ist und ich unter Palmen spaziere, während in der Schweiz der erste Schnee fällt. Ich bin sogar froh, dass es nicht noch wärmer ist. Sonst hätte ich ziemlich zu kämpfen gehabt in der Kombi.

Plaza de toros de la Real Maestranza de Caballería de Sevilla

Plaza del Altozano, Sevilla, Spanien

Torre del Oro, Sevilla, Spanien

Auch hier gibt’s Pferdekarren. Und zwar reichlich. Allerdings wohl eher weniger als alltägliches Transportmittel sondern eher als feudalen Weg, sich durch die Stadt kutschieren zu lassen. Aber — Ordnung muss sein — ebenfalls mit Kennzeichen.

Perdekutsche in Sevilla, Spanien

Als Ziel für die paar Stunden entscheide ich mich für den Plaza d’España, der ist zum einen in guter fussläufiger Entfernung, zum anderen scheinbar auch lohnenswert, was die Optik angeht. Gebaut und gestaltet zur iberoamerikanischen Ausstellung 1929 und umgeben von einem üppigen Park. Und der Weg war nicht vergebens.

Gummibaum im Maria Luisa Park, Sevilla, Spanien Palmen im Maria Luisa Park, Sevilla, Spanien Springbrunnen im Plaza de España, Sevilla, Spanien Kanal am Plaza de España, Sevilla, Spanien Hauptgebäude des Plaza de España, Sevilla, Spanien

Dann ab zum Reifenwechsel. Der läuft dank Übersetzungshilfe von Rodamoto reibungslos über die Bühne und jetzt bin ich mal gespannt, wie sich die für mich neuen Heidenau K60 Scout fahren, wenn sie mal eingefahren sind.

Und dann kommt heute Abend auch noch die Nachricht von der tro.net GmbH, meinem Provider, dass der durch den Blog mittlerweile knapp gewordene Webspace unkompliziert aufgestockt wird. Dann ist erstmal wieder Ruhe im Karton und ich kann weiter schreiben ohne auf den Platz gucken zu müssen 🙂

Streckenmässig hat’s dann nicht mehr ganz für den südlichsten Punkt Festlandeuropas nach Tarifa gereicht. Das mache ich dann eben morgen. Ist ja jetzt wirklich auf dem Weg.

Tag 126 – Kilometer fressen

6. November – 431.7 km von Ponte de Sor nach Sevilla

Motto des Tages: Auf schnellstem Wege, aber nicht über Autobahn und nicht über Los zum Reifenwechsel nach Sevilla. Reifenwechsel ist morgen Nachmittag und so hab ich Vormittags noch Zeit, mir ein wenig die Stadt anzuschauen.

Auf dem Weg komme ich sowohl in Portugal, als auch in Spanien an diversen, für mich sehr nach Protz und Southfork Ranch aussehenden ‚Einfahrten‘ vorbei

Farm Einfahrt in Portugal

Ich blicke zuerst nicht, was das soll. So einen wirklichen Zweck (ausser protzen und schick ausschauen) scheinen die Dinger nicht zu haben.  Später komme ich dann dahinter, als ich an einem vorbei fahre, das scheinbar einsam, verlassen und ohne Haus am Rand eines Olivenhains steht. Von der Strasse aus kann man tatsächlich nichts sehen und ich vermute, dass sich diese Einfahrten mal entwickelt haben, damit man überhaupt die Einfahrt zum Haus findet falls das Haus sehr weit ins Gelände gebaut ist.

Ansonsten gibts in Portugal massig von der Strasse aus sichtbare und weggehende nicht gepflasterte Wege. Mich juckt es schon sehr, mal zu gucken wo die hin gehen. Zugunsten von Strecke und Reifenwechsel verzichte ich aber auf Experimente.

Später in Spanien mal wieder: Rien ne va plus.  Dumm nur, dass hier die die Verbindungsstrasse zwischen meinem Standort und der Strasse nach Sevilla gesperrt ist. Ich überlege kurz und entscheide mich dann, dass ich ja zu einer der Fincas will, die da an der Strasse stehen. Nützt aber auch nichts. Nach ein paar Kilometern faucht und raucht die Strasse vom neuen Teerbelag und ich möchte nicht derjenige sein, der vor allen Arbeitern die ersten Spuren in den noch heissen Teer zieht. Also mal wieder grossräumige Umfahrung angesagt. Dieses Wort könnte das Motto für die  ganze Tour sein. Die Schweiz habe ich in gewissem Sinne ja auch grossräumig umfahren.

Strassensperre in Spanien

Tag 123 – Endspurt

3. November – 341.7 km von El Barco de Ávila nach Ponte de Sor

Abgesehen davon, dass ich heute morgen erst spät losgekommen bin, treibt mich das weiter schwindende Profil meiner Reifen in Richtung nächster Reifenwechsel. Ausserdem habe ich jetzt nur noch knapp ne Woche für den Rest der Iberischen Halbinsel. Daher gabs den Sprung über die Grenze nach Portugal.

Man merkt eindeutig, dass hier Süden ist. Das Thermometer sinkt kaum noch unter 15°C, meist so um die 20. Sogar wenn die Sonne schon untergegangen ist. Die Wegebegleitgrün-Kakteen werden immer häufiger, grosse Dattelpalmen und Orangen mit Früchten säumen die Strassen. Und die ersten Olivenhaine tauchen auf.

Olivenhain bei Pozuelo de Zarzón, Estremadura, Spanien

Mit der Pension hatte ich mal wieder Glück. Scheinbar kann man bei booking.com blind buchen, was eine Bewertung über 9 hat. Die Gastgeber sprechen sogar englisch und haben mir zwei Adressen in der Nähe gegeben, wo ich ggfs. neue Reifen herbekommen kann. Mal sehen, ob das morgen noch klappt. Meine bisherigen Versuche in Spanien an neue Reifen zu kommen sind seit einer Woche kläglich gescheitert weil meine englischen Mails, vermutlich wegen Sprachproblemen, unbeantwortet blieben. Anrufen bringt unter diesen Umständen auch rein gar nichts. Da ich ja nun naturgemäss unterwegs bin, ist das Finden der richtigen Werkstatt an dem Ort, an de ich übermorgen sein werde, ein bewegliches Ziel. Und das geht halt nur per Mail oder Telefon. Immerhin haben ich jetzt dank den Bündnern die Kontaktdaten von Heidenau Spanien,  die englisch sprechen. Nur leider einen Tag zu spät.

Eigentlich soll’s dann morgen zur letzten Bratwurst vor Amerika gehen, zum westlichsten Punkt von Festlandeuropa, Cabo da Roca. Die haben allerdings (was für ein miserables Timing), morgen den letzten Tag der Saison 2016. Na wenn sich das mal nicht mit meinen Reifen beisst. Egal. Ich fahr trotzdem hin. Norden und Westen hätte ich dann schon in der Tasche.

Spannend fand ich auch, mal Portugiesisch zu hören. Bisher dachte ich fälschlicherweise, dass Portugiesisch und Spanisch nah beieinander lägen. Weit gefehlt. Vom Klang her zumindest erinnert mich Portugiesisch eher an eine slawische Sprache. Zumindest hatte ich den Eindruck vom laufenden Fernseher im Restaurant heute Abend. Ob das natürlich Portugiesisch war, kann ich nicht beurteilen. Hab ja kein Wort verstanden. Aber es ging zumindest um einheimische Themen.

Tag 122 – Trau deinem Navi nicht

2. November – 281.2 km von Segovia nach El Barco de Ávila

Am Morgen sieht die Kathedrale genau so hübsch aus, wie angestahlt am Abend. Die helle Farbe vor dem blauen Himmel hat was. Auch das Aquädukt ist tagsüber immer noch respektabel. Besonders wenn man bedenkt, dass das Ding knapp 1’860 Jahre von 117 bis 1974 im Betrieb war. Das nenn ich mal nachhaltig.

Kathedrale von Segovia bei Tag Aquädukt von SegoviaWeiter gehts in Richtung Puerto de Navacerrada, der mich immerhin wieder bis auf 1’880 m bringt. Sehr schön zu fahren.

Unterwegs dann die ersten Pinienwälder, die mir unfassbar grün vorkommen.

PinienwälderUnd so langsam tauchen auch die ersten Kakteen und Agaven als Wegebegleitgrün auf. Ich mag die Pflanzen – und das Wort. Besser ist nur: Raumübergreifendes Grossgrün. Bei der Recherche stosse ich auf weitere tolle Worte. Ich weiss natürlich nicht, ob die Liste echt ist, aber mein Favorit ist definitiv die Nummer 16 gleichhelles Unbunt. Lustig ist es alle Male.

Dann zum Abschluss (dachte ich noch) auf den Puerto de Miljares auf 1’570 m. Für den gibts komischerweise keinen Wikipedia Artikel. Aber dafür grandiose Ein- und Aussichten und eine Strasse wie aus dem Bilderbuch. Ausser zwei Radfahrern habe ich den kompletten Pass für mich alleine.

Auf dem Weg zum Puerto de Miljares Puerto de Miljares

Irgendwann gehts dann weiter und in einem der verwirrenden Bergdörfer nehme ich wohl eine falsche Abbiegung und das Navi routet um. Ich habe ja gelernt, dass man dem Navi vertrauen kann, wenn’s auf ungepflasterte Wege geht. Und der Rest wird vom Video erzählt.

Tag 121 – Unverhofft kommt oft

1. November – 409.1 km von Pamplona nach Segovia

Eigentlich wollte ich ja heute Richtung Porto. Und eigentlich war Segovia so gar nicht auf der Liste. Sandige Waldewge auch nicht. Aber wie schon so oft: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Unterwegs überschlage ich den weiteren Reiseplan, soweit vorhanden, und plane um. Ich entscheide mich für Südportugal statt Nordportugal. Ausserdem für Strecke machen zugunsten von schöne Strecke gucken. Lieber am südlichsten Punkt der Reise ein wenig ausharren, als Portugal gucken und dann unten Hektik. Auf Hektik kann ich grad so gar nicht.

Hübsches Haus am StrassenrandDie ersten paar hundert Kilometer fangen erstmal kalt an. Es ist dunstig und viel mehr als 12°C ist nicht drin. So nach und nach ziehe ich Schicht um Schicht an. Auf Dauer wird das doch was frisch. Irgendwann gehts ziemlich konstant auf 1’000 m auf langen, graden, langweiligen Nationalstrassen. Aber wenigstens wird es wärmer und das Thermometer geht bis 22°C rauf.  Ausser ein paar hübschen Häusern am Strassenrand wird auch nicht wirklich was geboten.

Dann gibts doch mal Abwechslung. Auf einer Strecke von ein paar Kilometern gibts Kurven. Und auch gleich was zu sehen.

Felsen, Somolinos, Kastilien-La Mancha, Spanien

Felsen, Somolinos, Kastilien-La Mancha, Spanien

Waldweg bei Cantalejo, Kastilien-León, SpanienIrgendwann Nachmittags plagt mich dann ein menschliches Bedürfnis an einer Stelle wo es links in den Wald rein geht. Der Weg sieht ausreichend abgeschirmt aus. Also rein. Das Navi findet das wohl auch gut und fängt an umzurouten und findet tatsächlich eine Strecke, die da weiter führt. Ich lasse mich natürlich nicht zweimal bitten. Wenn das Navi sagt: Fahr da weiter und es ist kein gepflasterter Weg, dann fahr ich weiter.

Das hat sich gelohnt. Schöne, einsame Strecke. Sandige Waldwege. So sandig, dass die Dicke zwar ins Schlingern kommt, aber nie so richtig schlimm.
Waldweg bei Cantalejo, Kastilien-León, Spanien

Der Ausgang aus dem Wald geht auf einen Schotterweg, der mich dann auch mit einer tollen Aussicht belohnt.

Aussicht bei Rebollo, Kastilien-León, Spanien

Und weiter gehts mit wundervollen Herbstfarben. Und alles nur weil ich mal pinkeln musste. Da sieht man mal wieder. Man weiss nie, wofür es gut ist.

Herbst bei Rebollo, Kastilien-León, Spanien

Herbst bei Herbst bei Rebollo, Kastilien-León, Spanien

Letztlich lande ich in Segovia fast zur ursprünglich vom Navi vorausgesagten Zeit, zuzüglich die Waldstrecke. Das hat’s bisher auch noch nicht gegeben. Sonst war ich immer länger unterwegs.

Die Stadt überrascht mich. Von der Ferne noch sehe ich die Sonne hinter der Kathedrale von Segovia  untergehen und denk mir so: Wow, das hat was. Bei der Stadteinfahrt begrüsst mich erstmal das Aquädukt von Segovia mit der dahinter untergehenden Sonne. Auch das hat was. Durchaus.

Viadukt von Segovia

Da ich wie üblich die Unterkunft nach Preis bzw. Bewertung gebucht hatte und die Lage mir normalerweise egal ist, war ich dann doch etwas überrascht, als das Hotel direkt im Zentrum neben der Kirche ist. Da konnte ich mir einen kurzen Rundgang doch nicht verkneifen. Auch das hatte was.

Kathedrale von Segovia Plaza Mayor, Segovia, Spanien Altstadtgasse in Segovia, Spanien