Motorrad-Reisen und -Touren

Schlagwort Archiv: Rentiere

Tag 67 – Fahren

8. September – 450 km von Arvidsjaur nach Östersund

Heute ist wieder Strecke machen angesagt. Am 14./15. will ich in Oldenburg sein. Eigentlich wollte ich nur 350 km, aber in Strömsund war nur ein ‚Hotel‘ als Erweiterungsgeschäft eines Seniorenwohnheims oder Campingplätze ohne Rentiere in SchwedenWLAN zu bekommen. Also gleich mal 100 km weiter. Dann hab ich die auch schon.

Nett, dass mich Schweden auch gleich mit Rentieren beglückt. Ich hatte sie schon vermisst 😉

Schotter in SchwedenUnd das Navi schickt mich kurvenreich bei Königswetter und perfekten Temperaturen auf 28 km Schotter und dann nochmal zwei kürzere Stücke im Laufe des Tages. Die konnte ich einfach nicht auslassen. Das war zu verlockend. Strecke hin oder her.

Weil ansonsten kommt zwar die ein oder ander Krümmung in der Strasse, im Wesentlichen geht es aber geradeaus. Wenn die Strasse nach Westen abbiegt in die tiefstehende Sonne. Da ist nicht viel mit Gucken und man bekommt Zeit über Gott und die Welt zu meditieren. Verkehr ist natürlich auch keiner, wenn man man mal von ein paar Autos in der Stunde absieht.

Dabei kommt mir auch eine bessere Struktur für das Menü hier in den Sinn, was auch gleich schon umgesetzt wurde.

Und fast am Ende wirft mir Schweden noch einen See mit Steg vor die Füsse an dem ich eine Pause einlegen musste. Ich konnte nicht anders.

Russfjärden, SchwedenVon GoPro habe ich übrigens immer noch keine Antwort auf meine Supportanfrage erhalten. Die angekündigten 1-2 Werktage wurden so schnell mal zu vier. Bin gespannt, ob da noch was kommt. Immerhin bekomme ich so Übung, die Kamera während des Fahrens zu bedienen. Und just heute flattert mir die Ankündigung der neuen Garmin VIRB® Ultra 30 in die Mailbox. Die braucht keine Fernbedienung und hat Sprachsteuerung. Mal sehen, ob sich GoPro noch rührt.

 

Tag 60 – Nordkapp

01. September – 179.6 km von Skaidi zum Nordkapp

Der Regen hat nicht aufgehört. Wird mal schwächer, mal stärker. Ist aber immer Grössenordnung ‚Katzen und Hunde‘. Also lasse ich mir ein wenig Zeit, denn ob ich im Regen jetzt früher oder später los komme, macht auch nichts.  Und so weit ist es heute ja nicht.

Bei der Abfahrt halte ich ein Schwätzchen mit einem der wohl in der Gegend von Skaidi wohnt. Der sagt doch tatsächlich, dass es in dieser Gegend immer nur in dieser Grössenordnung regnen würde. So richtig, hätten Sie eigentlich nie Regen. Aaah ja …

Gegen Norden lässt der Regen dann nach. Der Bewuchs auch. Erstaunlicherweise nimmt auch der Wind gar nicht zu – erstmal. Dafür ergeben sich märchenhafte Ausblicke auf eine herbstliche Fjordlandschaft

Herbstlicher Fjord mit NebelAuf dem Weg komme ich an dem gleichen Stück Fjord vorbei, an dem ich 2009 schon vorbeigekommen bin. Der Fjord gefällt mir eindeutig besser bei schönem Wetter, so wie auf der auf Hinfahrt 2009. Aber dafür gibts seit dem viel mehr von diesen Steinmännchen und extra eine Rentier-Herde haben sie auch für mich dahin gestellt. Fand ich ja nett.

Und dann kommt so langsam die Sonne raus und vertreibt den Regen und die Wolken.

Sonne vertreibt den RegenIch merke, dass ich wieder nicht so recht vorwärts komme, weil sich ein Postkartenmotiv nach dem anderen vor das Mopped wirft.

PorsangerfjordDann ab in den Nordkapptunnel. Als ich 2009 dort war, war er noch mautpflichtig. Aber da die vorgesehene Summe durch die Maut eingspielt wurde, Nordkapptunnel südliche Einfahrtwurde er 2012 mautfrei gestellt. Zwei Jahre früher als geplant. Das könnte sich so manch anderes Land auch mal einfallen lassen. Fun-Facts dazu: Der Tunnel ist über 6 km lang, liegt an der tiefsten Stelle 212 Meter unter dem Meeresspiegel und hat eine Steigung/Gefälle von bis zu 10%. Das merkt man beim Durchfahren schon sehr deutlich an den Ohren. Und es ist saukalt da drin.

Auf der anderen Seite ist noch weniger Bewuchs, noch mehr Postkarte, noch mehr Sonne und immer noch kein Wind.

Noch Tanken, Geld holen, einchecken und ab nach oben. Das Wetter zieht schon wieder zu. Gegen 17:00 Uhr bin ich dann am Nordkapp. Erste Etappe vollendet und dritter Startpunkt erreicht. Der erste war Zürich, der zweite das Donaudelta und jetzt geht die Reise ja erst richtig los. Toll, wenn man während einer Reise mehrmals losfahren kann. Nächstes Etappenziel: Gibraltar. Liegt ja auf dem Weg…

Oben erfahre ich, dass ich wohl die einzigen zwei Stunden der Woche abgepasst habe, die einigermassen warm und sonnig sind. Mit 14°C ist es im Vergleich zu 2009 tatsächlich muckelig warm. Damals waren es 4°C.

Abends gibts dann nochmal Rentier. Als Art Geschnetzeltes mit Kartoffelpüree, Preisselbeeren und Gemüse. Ich gestehe ja, dass ich gefallen daran finde.

Hier bin ich übrigens in einer Hütte auf dem nördlichsten Campingplatz der Welt. Ich tendiere dazu, diesen Superlativ mal zu glauben.

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Tag 58 – Meditatives Fahren

30. August – 292.7 km von Rovaniemi nach Ivalo

Ich bin gerne in Lappland. Fühle mich wohl hier und kann auch nicht so recht erklären warum.

Morgens gehts weiter Richtung Norden. Witzigerweise wieder Richtung Inari. Aber kurz vor Inari bekomme ich für günstiges Geld ein Aitta und steuere daher Ivalo an.

Wolken im SeeKurz hinter Rovaniemi entdecke ich einen Baumlehrpfad an einem See — wo sonst — und werfe einmal einen Blick hinein. Sehr schön gemacht. Auf Baumlehrpfad - Arboretumpuistoeinem Steeg wird man durch das sumpfige Gelände an verschiedenen Baumarten vorbei geführt. Schilder informieren auf Finnisch und Englisch über die Gewächse. Was mir gefällt: Nicht nur trockenes Wissenschafts-Gelaber, sondern auch darüber, wie die Pflanzen traditionell und heutzutage genutzt wreden gibt es. Man bekommt dadurch einen ganz anderen Bezug zu den Gewächsen, die uns tagtäglich begegnen.

 

Birkenbeschrieb

 

Birken im Lappländischen HerbstBaumgrenze in LapplandApropos Birke: Die Bäume weiter im Norden werden merklich kleiner und zierlicher. Böse Zungen würden sagen mickriger. Und als ich über einen Hügel von 350 m Höhe über Meeresspiegel fahre habe ich entweder genau zufällig ein ehemals gerodetes Gebiet gefunden oder das ist tatsächlich schon die halbe Baumgrenze. Ich tippe eher auf letzteres, nachdem ich Wikipedia befragt habe.

Die Birken hier oben haben sich auch eindeutig schon entschieden, dass der Herbst angefangen hat.

Es scheint auch so, als würde sich Lappland für den Winter vorbereiten. Überall stehen schon die Pfähle rechts und links der Strasse, die bei Schneefall die Strassenränder markieren. Kann natürlich auch sein, dass die noch gar nicht weggeräumt wurden. So lange geht der Sommer hier ja auch nicht.

Es scheint auch so, als wird das Land entschleunigend auf mich. Plötzlich sind mir die erlaubten 100 km/h einfach zu schnell und ich reduziere auf 80. Da kann man besser gucken. Und plötzlich komme ich in den Modus, den ich vom letzten Mal schon kannte: Eine Art meditatives Fahren. Fast ohne jeglichen Verkehr über mehr oder minder gerade Strassen einfach nur fahren und gucken. Belohnt wird das dann auch glatt durch ein paar Rentier-Sichtungen.

Rentier-BulleRentiere mit Jungen

Fast vor Tagesziel komme ich an einer offensichtlich im Winter stark frequentierten Schneemobil-Route vorbei und ich frage mich allen Ernstes, ob man da im Sommer mit dem Mopped durch darf. Die Trassen sehen spannend zu fahren aus und wenn man mit dem Schneemobil im Winter durch darf, warum dann also nicht im Sommer mit dem Mopped? Sachdienliche Hinweise werden gerne entgegen genommen!

Schneemobilverkehrsschilder im Wald[Edit: 2016-09-02 Die Elche sind Rentiere]

Tag 57 – Nördlicher Polarkreis

29. August – 231.1 km von Kuusamo nach Rovaniemi

Gestern hatte ich mal fast alles aus den Moppedkoffern ausgeräumt, um mal durchtrocknen zu lassen. Dementsprechend dauerte das Einräumen heute etwas länger. Aber dafür hoffe ich, dass jetzt wasserdicht verpackt ist, was wasserdicht sein muss. Der rechte Koffer läuft immer noch voll. Das hab ich auch mit Tape nicht in den Griff bekommen. Nur gut, dass ich noch nicht wirklich viel Regen hatte.

Entgegen aller Befürchtungen bzw. Erfahrungen hält sich das mit den Mücken auch sehr in Grenzen. Ich hab das schon schlimmer erlebt. Mein in Ungarn gekauftes Mückenmittelchen habe ich bisher nur zweimal gebraucht. Und es hilft.

IMG_4135Eine Besonderheit hier in Finnland, die mich sehr verwundert hat als ich das erste Mal hier war, sind die Geschirr-Abtrocken-Gewohnheiten. Geschirr wird nämlich nicht abgetrocknet, sondern fein säuberlich zum Abtropfen in den Küchenschrank gestellt. Das Wasser wird normalerweise unten aufgefangen, in Richung Spüle befördert und kann dort abtropfen. Erstmal gewöhnungsbedürftig. Aber für jemanden wie mich, der lieber spült als abtrocknet, ein Segen. Und sehr praktisch. Muss man sich nur erstmal dran gewöhnen. Und wenn man genau überlegt, gibt es eigentlich keinen Grund, das nicht so zu machen.

P1050136Damit ich nicht in Stress komme und den Werkstatttermin am 5.9. einhalte, müsste ich so am 1.9. am Nordkapp sein. Die optimale Route dahin führt scheinbar von Kuusamo auf jeden Fall über Rovaniemi. Eigentlich wollte ich mir den Weihnachtsmann-Rummel ersparen, aber nachdem ich schonmal durch muss, kann ich auch nochmal einen Blick reinwerfen. Es hat sich seit damals nicht viel geändert. Nur ein wenig mehr dazu gebaut wurde. Das Ding wächst und wächst. Glücklicherweise war ich heute fast alleine da mit ein paar Japanern und ein paar deutschen Reisebussen. Rovniemi wurde als Heimat des Weihnachtsmannes promoted, weil es direkt am Polarkreis liegt. Und das sehr erfolgreich. Es kommen jedes Jahr zig-Tausende von Briefen an den Weihnachtsmann an. Und es reicht vollkommen wenn man als Adresse draufschreibt: Weihnachtsmann, Lappland, Finnland. Kommt an.

IMG_4259Unterwegs gabs dann Rentiere en masse. Das ist nicht wie bei uns, wo man mit ein wenig ‚Glück‘ mal ein Tierchen auf der Fahrbahn sieht, wenn das Schild Wildwechsel kommt. Hier meinen die das so. Ich hatte heute unzählige Begegnungen mit Rentieren auf der Strasse.  Ich find das ja immer noch putzig, wie die so die Beine wegschmeissen beim Rennen.

Zur ‚Strafe‘ habe ich dafür heute Abend traditionell Lappländisches Ren mit Kartoffelpü und Preiselberen gegessen.

Das Wetter hat auch mitgespielt. Bis 16°C und sonnig mit Wolkenformationen, da bleibt einem die Luft weg. Einige davon kann man im Video ganz gut sehen.

 

Tag 56 – Rentiere

28. August – 277.5 km von Vuokatti nach Kuusamo

Als ich heute morgen aus dem Fenster gucke, bin ich guter Dinge. Die Sonne scheint. Es hängen ein paar Wölkchen dekorativ herum und der See, der gestern noch ganz trist aussah, hat deutlich an Charme gewonnen. Aber ich lasse mir Zeit heute. Erstens weil das Häuschen echt schnuckelig ist, zweitens weil ich Urlaub habe und drittens: Es ist Sonntag!

382223Als ich dann die Nase um 11 das erste Mal zur Türe rausstrecke und ganz normal in kurzer Hose raus bin, denke ich mir so: Hui. Das ist aber frisch. Mein gefühltes Frisch deckt sich mit dem gemessenem Frisch am Thermometer, an dem ich vorbeikomme: 8°C. Also erstmal warm anziehen. Es ist noch keine Zeit für Regenkombi, aber für lange Unterwäsche alle Male.

Meine Entscheidung für die kommende Nacht geht dann schnell nochmal in Richtung Mökki statt Zelt. Zumal in die Gegend in die ich will, heute morgen 0°C waren. Das ist ein sehr guter Grund für Mökki. Als das Navi dann irgendwas von „im Kreisverkehr in 221 km geradeaus“ erzählt , weiss ich, dass ich nun auch in der Gegend der langen Strassen angekommen bin. Ausser ein paar Pausen an diversen Seen passiert auch erstmal nicht viel.

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Aber dann entdecke ich wieder Verkehrsschilder mitten im Wald oder die aufgehobenen 40 direkt vor dem See. Winter-Schneemobil-Land hat angefangen.

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Nicht nur das. Auch Rentier-Land hat angefangen. Und kaum kommt das Schild, tauchen die auch schon gleich an allen möglichen und unmöglichen P1050082Stellen auf. Vorzugsweise da, wo sie nicht sein sollen. Einmal seh ich sie von vorne auf der gegenüberliegenden Fahrbahn antraben und rechts ist gleich eine Parkbucht. Meine Chance, ein paar schöne Fotos zu bekommen. Aber ich bin zu langsam mit den dicken Handschuhen oder die Rentiere sind zu schnell. Bevor ich noch irgendwas kameraartiges rausbekomme, sind sie schon an mir vorbei. Mist, denke ich aber sehe im Rückspiegel, dass sie sich das Spiel mit mir ganz gemütlich von der Fahrbahn aus anschauen. Ich also weiter Kamera rauspuhlen. Das müssen sie gemerkt haben und traben rechts in die Senke neben ‚ihrer‘ Fahrbahn. Das kann’s doch jetzt nicht sein und ich gucke, ob sie wieder rauskommen. Wie als wollten sie mir sagen: ‚Du bekommst uns doch nicht“ stellen sie sich jetzt wieder auf die Strasse und eins fängt an in aller Öffentlichkeit und unbeeindruckt vom Ort des Geschehens zu urinieren. Sieht lustig aus, wie es breitbeinig da steht. Und dann ab in den Wald. Und da hatte ich die Kamera endlich soweit.

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Das Mökki von heute ist mitten im Wald, direkt am See, hat Steg und Boot und natürlich eine Sauna. Und da gehts jetzt rein.

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[Edit 2016-08-28 Fehlende Bilder ergänzt und Rechtschreibkorrekturen]