Motorrad-Reisen und -Touren

Monatliches Archiv: August 2016

Tag 49 – Sauna

21. August – 161.9 km von Riga nach Valga

 

Heute morgen also versuche ich meine Länderübertritts-Checkliste mal wirklich angemessen zu berücksichtigen. Da das Internet für Hotels unglaubliche 7 MBit Up- und Downstream hat bemühe ich mich die Karten für St. Petersburg a) zu finden und b) aufs Navi zu laden. Ich scheitere schon bei a). Trotz Suchens in diversen Foren und intensiver Recherche finde ich nur Karten von Drittanbietern oder Garmin-Karten, die aber nichtmal mehr Garmin selbst anbietet. Roaming werde ich in Russland keins haben, Google Maps fällt also auch aus. Und wer rettet mich: Mein Scout Gratis-Navi aus dem AppStore mit gekauftem Kartenmaterial Europa für 4.99 €. So langsam wird mein iPhone zum Schweizer Tsachenmesser für Navigation.

Dann die Packerei wieder rückwärts. Erst Taschen zum Mopped ins Parkhaus bringen, dann nochmal mit dem restlichen Klimbim ein zweites Mal gehen. Auf dem Rückweg mache ich noch das Panorama vom Domplatz, was sich jetzt neu oben im Header mit dem von Hechlingen abwechselt. Dabei höre ich einen Cellospieler, der gleich am Dom seine Strassenmusik macht. Ins Hotel, restliche Sachen holen und dann mal dahin. Ich mag Cello und der spielt genau die Tonlage die mir sehr liegt. Als ich hinkomme, bimmeln die Glocken und der Cellospieler celliert grad nicht. Aber macht so den Eindruck, als würde er gleich wieder anfangen. Also warte ich.

IMG_4006Kommt so ein Auto-Tross vorbei aus dem fürchterlich wichtig aussehende Leute aussteigen. Ich denk mir noch: Wieder so wichtigtuerische Diplomaten. Wichtig aussehende Diplomaten die von einem in Galauniform ganz ehrfurchtsvoll begrüsst werden. Da mein Cellist grade Pause macht, Google ich so, wer denn wohl in Lettland einen Wagen fahren darf, der ausser dem EU-Kennzeichen nur ein Wappen auf dem Nummerschild hat. Wikipedia weiss ja fast alles. Da steht nämlich, dass das nur der lettische Präsident das darf. Da stapfte also Raimonds Vējonis ganz unspektaktulär mit ein paar Sicherheitsbeamten und dem Gardeuniformist durch die Touristen an mir vorbei zur Kirche um den Unabhängkeitstag zu begehen. Ich bin nicht obrigkeitsgläubig. Allerdings die Selbstverständlichkeit und mit so vergleichsweise wenig TamTam und Brimborium der da in die Kirche ging, das hat mich beeindruckt. Eigentlich sollte das immer so sein – wenn nur die ganzen Irren nicht wären.

Auf jeden Fall hab ich dem Cellisten dann grosszügig was in sein Sammel-Dingsda gegeben und mich erstmal in angemessenem Abstand vor ihn auf den Boden gesetzt und ein Viertelstündchen bei traumhaftem Wetter auf dem Domplatz in Riga ein kleines Cello-Privatkonzert genossen. So kann der Sonntag anfangen. Natürlich war ich dann viel später unterwegs, als ich eigentlich sein wollte. Aber der Aufenthalt in Riga war’s wert.

Aus Riga raus erstmal Stau. Es wird grosszügig gebaut und es geht nur einspurig durch. Dann 60 km lang, lange, grade, platte Landstrassen. Der Höhenmesser zeigt auch schonmal -10m an. Nach 60 km gehts rechts auf „ungepflasterte Strasse“, die eine kleine Schlaufe um die Landstrasse rum macht und mir damit die Fahrt versüsst.

P1040465In einer kurzen Pause mampfe ich mein Käsebrot und es kommt ab und an ein Auto. Einer, den ich vorher schonmal überholt hatte, dann er wieder mich weil ich wieder wo Fotos gemacht hatte und ich ihn dann wieder hat mich wieder eingeholt. Kommt langsam an mich rangefahren und sagt, er hätte mich eben schon auf der Landstrasse gesehen, ob alles in Ordnung wäre.

Ich freu mich dass es so viel Hilfsbereitschaft gibt. Als ich ihm erkläre, dass wirklich alles in Ordnung ist und ich nur die ungepflasterte Seitenstrasse für die Abwechslung und zur Pause nutze, macht er ein wenig ein Gesicht, als glaube er, dass ich nicht alle Tassen im Schrank hätte. So eine Strasse freiwillig zu fahren, wenn man nicht muss und es parallel eine schöne platte Landstrasse gibt? Wer weiss, vielleicht hat er recht? 😉

Gelandet bin ich heute direkt hinter der estnischen Grenze in einer privaten Pension. Es empfängt mich eine resolut aussehende ältere Dame und mir schwant schon Übles, was Englisch angeht. Hab auch recht gehabt. Bei Englisch schüttelt sie den Kopf und sagt dann auf deutsch: Deutsch könne sie aber. Ich bin ehrlicherweise etwas verdutzt. Aber freu mich einmal mehr. Sie führt mich durchs Haus und mit das erste was sie mir zeigt ist die Sauna. Eine richtige finnische Sauna, mit Holz befeuert. Das Land ist mir gleich sympatisch.

Sie fragt mich auch gleich, ob ich duschen möchte, oder in die Sauna gehen will. Ich entscheide natürlich für Sauna und sie meint dann lapidar: Na da könne ich mich ja auch in der Sauna waschen und sie bräuchte mir die Dusche nicht zu zeigen. Dazu muss man wissen, dass typische finnische Saunen tatsächlich gleichzeitig quasi das Badezimmer sind und sich in der Sauna gewaschen wird. Dazu befindet sich da meist eine Plastikschüssel, die mit kaltem Wasser gefüllt ist bzw. wird. Man mischt dann so viel von dem kochend heissen Wasser aus dem Saunaofen dazu, wie es einem passt. Dazu gibts eine Schöpfkelle, mit der man sich nass macht. Der Abfluss ist im Boden.

P1040472Folgerichtig zeigt sie mir auch wie man einen Aufguss macht. Punkt. Mehr muss man auch nicht erklären. Ich weiss, dass das tatsächlich die einzige wirkliche finnische Saunaregel ist: Man macht in einer fremden Sauna ohne entsprechende Instruktion keinen Aufguss auf eigene Faust. Man weiss ja schliesslich nicht um die Eigenheiten des Saunaofens. Ansonsten gibt es keine Regeln. Die 10 Saunaregeln die man in Deutschland hier und da zu lesen bekommt, sind keine finnische Erfindung. Ich tippe mal auf Deutsch. Hüva Leili!

 

Tag 48 – Riga

20. August – 244.6 km von Beržoras nach Riga

Eigentlich wollte ich gar nicht nach Riga. Aber nachdem die Route mehr oder weniger in jedem Fall dran vorbei führt, kann ich auch mal einen Blick reinwerfen. Ein anderer Gast auf dem Campingplatz hat mir auch noch empfohlen, auf jeden Fall am Berg der Kreuze vorbeizufahren. War zwar eigentlich nicht auf der Route, aber man kann die ja spontan anpassen.

Auf dem Weg dahin konnte ich live einem Storchenporno beiwohnen. Eigentlich wollte ich ja nur ein schönes Bild vom Nest mit Störchen drin schiessen. Aber die beiden haben sich dann echt noch für mich ins Zeug gelegt.

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Beim Absatteln kommt ein weiterer Moppedfahrer vorbei, der auch was länger unterwegs ist, so wie der bepackt war. Wir kommen ins Gespräch und er stellt sich als Allan vor. Ist aus Kalifornien und ist drei Monate in Europa unterwegs. Sagt, das wäre die kurze Tour. Vorher wäre er drei Jahre durch die ganze Welt unterwegs gewesen. Wir quatschen noch ein wenig und er drückt mir einen Sticker als Visitenkarte in die Hand, auf dem der Link zu www.worldrider.com ist. Noch so ein Verrückter 😉

Der Berg der Kreuze ist eigentlich ein Hügel. Aber dafür voll, über-über-voll mit Kreuzen.

Für die Weiterfahrt entscheide ich mich für die ungepflasterte Strasse. Und die wird immer ungepflasterter bis hin zum groben Feldweg. P1040407Aber alles noch fahrbar. Grade so. Und jede Menge Spass dabei gehabt.

Später, wieder auf der Landstrasse entdecke ich dann noch einen weiteren phantasievoll „geparkten“ Feuerwehrwagen bei einer Auto-Service Station.

IMG_3946Dann nach über die lettische Grenze. Mein erster Eindruck: Sauber und aufgeräumt. Geradezu adrett. Landstrassen grade und platt, rechts und links Häuschen die wie rausgeputzt wirken. Bis Riga geht das so. Und eine Kirche in für meine Augen sehr ausgefallenen Farben erweckt mein Interesse.

Aber dann habe ich den Eindruck, Riga mag mich nicht bei sich haben. Streckenweise Kopfsteinpflaster vom Übelsten mitsamt knietiefen Pfützen die mir eine willkommene Abkühlung beschaffen. Und plötzlich, ein paar 100 m vor dem Hotel: Strassensperre. Naja, denke ich. Fahr ich halt aussen rum und von der anderen Seiten ran. Von da auch: Strassensperre. Meine Gurkerei sieht man gut auf dem Track oben wenn man bei Riga reinzoomt.

Ich stoppe direkt vor Polizei und Militär und bin ein wenig ratlos. Als die sich so gar nicht um mich kümmern, ergreife ich die Initiative und frage, wie ich zur Adresse des Hotels komme. Die beiden Militärs gucken sich an und zucken mit den Schultern. So richtig wissen sie das auch nicht. Es entspannt sich dann ein Gepräch, in dem sich rausstellt, dass am 21. August der Unabhängigkeitstag gefeiert wird und die ganze IMG_3954Innenstadt gesperrt ist. Und mitten drin ist mein Hotel. Da war sie wieder, meine Länderübertritts-Checkliste, die einmal mehr des Studiums wert gewesen wäre.

Geparkt habe ich letztlich in einem Parkhaus ausserhalb der Innenstadt, aber nur 7 Minuten Fussweg vom Hotel. Den musste ich natürlich zweimal machen. Zwei Gänge brauche ich schon um abzusatteln. Dafür entschädigt mich Riga mit einer traumhaften Altstadt und das Hotel Justus war sowohl vergleichsweise günstig, unglaublich gut gelegen als auch sehr geschmackvoll mit sehr viel Liebe zum Detail eingerichtet. Bei der Renovierung wurden wohl auch ein paar alte Zeitungen gefunden — in deutsch aus dem Jahre 1873.

Und zum Schluss noch ein paar Eindrücke vom nächtlichen Riga. Für mich ein Geheimtipp. Nicht so überlaufen wie Prag, sehr gemütlich Abends zum draussen sitzen und Essen, Strassenmusiker an jeder Ecke, die zum einen echt was drauf haben, meist klassische Instrumente spielen und sich dazu auch noch angenehm im Hintergrund halten. Man geht aber quasi stets in Musik, ohne dass es jemals lästig würde.

 

Tag 47 – Still ruht der See

19. August – 244 km von Kaunas nach Beržoras

P1040108Litauen hat mich heute einmal mehr mit seiner Schönheit überrascht, und zwar in vielerlei Hinsicht. Gestartet in Kaunas, nochmal kurz Büroführung durch das neue Bürogebäude bekommen. Sehr, sehr schick geworden. Dann Richtung Žemaitija Nationalpark. Die gut ausgebauten Strassen enden schnell und es gibt alles, was das Enduroherz begehrt: Teerfreie, gut fahrbare Schotterstrecken, ab und an mit Sand-Einlage in der die Dicke ein wenig ins Schwimmen kommt, Wege durch den Wald mit etwas anspruchsvollerem Untergrund bis hin zum Schlamm. Gradeaus wärs weiter gegangen. Aber da drehe ich aber lieber um und fahre drumrum. Das wär sicher nicht gut ausgegangen.

P1040128P1040117In den Feldern finden sich nicht nur Störche, die nach Futter suchen, sondern es gibt auch immer mal wieder Schreine und Kreuze am Strassenrand bzw. Grundstücken. Und Kirchen. Und eine Landschaft, da komme ich aus dem Gucken gar nicht mehr raus.

 

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Vor lauter Begeisterung, vergesse ich nach einer Übernachtung zu suchen. In einer Pause  um schon kurz vor fünf fällt mir ein dass ich noch nichts habe. Aber just in dem Nationalpark, in den ich will, soll es einen Campingplatz geben. Mittendrin. Hin navigiert und genau da wo der Campingplatz P1040123sein soll, sieht es so gar nicht nach Camping aus. Da ich das mit den Unterkünften so schon ein paar mal hatte lasse ich mich erstmal nicht davon beeindrucken, bleibe wo ich bin und recherchiere nochmal. Aus der Einfahrt von dem Wohnhaus, vor dem ich stehe kommt ein gummibestiefelter Herr raus, guckt mich etwas hilflos an und verschwindet wieder. Offensichtlich holt er Verstärkung und kommt mit einem zweiten, ebenfalls gummibestiefelten, Herrn herbei. Der spricht mich auf Englisch an und es stellt sich raus, dass das tatsächlich der gesuchte Campingplatz ist und die beiden Vater und Sohn sind, die grade auf dem Weg zum Angeln waren. Glück gehabt. Und der Campingplatz ist geradezu der Jackpot. Sanitäre Anlagen quasi nicht vorhanden – vom Plumpsklo im Wald abgesehen. Das macht mir nix. Kenn ich ja schon vom Land aus Finnland und ich bin da nicht so. Und die Lage. Ein Traum.  Weils so schön ist, hat Litauen mir noch ein paar Wölkchen hingehängt und einen schönen Sonnnenuntergang gezaubert. Dafür dass es seit Wochen wohl hier geregnet hat, find ich das schon ganz in Ordnung. Und deswegen gibts auch nur noch ein paar Bilder ohne weitere Worte.

[Edit: 22.8. Datum hinzugefügt]

Tag 46 – Back to the roots

381.4 km von Miłomłyn nach Kaunas


Karte generiert mit GPX-Viewer

Hier war ich glaube ich vor 10 Jahren das erste Mal und vor etwas über zwei Jahre das letze Mal. Hat mich richtig gefreut, wieder mal da zu sein, Altvertrautes zu sehen und alte Kollegen wieder zu treffen.

Scheinbar hat es die ganze Nacht geregnet. Denn der Koffer mit dem Steinschlag ist vollgelaufen. Ca. 5 cm hoch mit Wasser. Erkenntnis #1: Da muss ich was dran tun. Erkenntnis #2: Der wasserdichte Toilettenpapierhalter ist nicht wasserdicht, wenn er im Wasser liegt. Feuchtes Toilettenpapier stell ich mir anders vor.

Polen hat dann heute morgen nochmal alles aufgeboten, um mich umzustimmen. Und was soll ich sagen: Hat gewirkt. Aus dem langweiligen Land mit graden Landstrassen ist im Nordosten geradezu ein Kleinod geworden. Das ging schon bei der Abfahrt so los wie es gestern Abend aufgehört hat: Bevor ich noch überlegen kann, ob ich nicht asphaltierte Strassen vermeide, führt mich das Navi in den Wald. Bin mir nicht so sicher, ob ich den nassen Sand jetzt lieber mag als den trockenen, aber wage es. Und bin um jede Stunde dankbar, die ich in Hechlingen verbracht habe.

Und auch danach: Hab ich einen Spass gehabt: Kleine, schlechte Strassen. Teils auch mal ohne Belag. Aber auf jeden Fall geschüttelt, nicht gerührt. Plötzlich tauchen auf dem Nichts schöner Bauernhäuser auf

P1040052oder Seen mit nett platziertem Vogelgefiech

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oder eine Kirche, die eher an ein Schloss erinnert

P1040076Holzkirchen gibts hier auch

P1040100Nach Litauen rüber dann gewohnt Schengen-stressfrei. Heute Abend gabs Cepelinai, Litauisches Traditonsessen. Eine Art rohe Klösse mit Fleisch gefüllt. Bin ich pappsatt jetzt.

Tag 45 – Plattes Land

366.8 km von Długie nach Miłomłyn


Karte generiert mit GPX-Viewer

Heute erste Etappe der restlichen Strecke bis nach Kaunas. Navi wie immer auf „Kurvenreiche Strecke“ eingestellt. Dumm nur, dass es hier scheinbar keine Kurven gibt. Das nenn ich mal ne gute Vorbereitung auf Lappland. Zig Kilometer gradeaus. Der einzige Unterschied ist, dass die LKWs das wohl zu schätzen wissen. Habe permanent eine grosse Wand vor mir. Und was den Kroaten die 40, ist den Polen das 70 plus Überholverbot.

Meine Theorie ist ja, dass irgendwer hier in den Fahrschulen lehrt, dass Kurven eine per se gefährliche Sache sind. Erstens weil es so gut wie keine gibt und zweitens, weil ich ansonsten keinen Grund sehe, vor leeren Kreisverkehren bis fast zum Stillstand abzubremsen, um dann mit 20 durchzuschleichen. Damit staut sich vor eben diesen natürlich der Verkehr. Vor jedem. Und es gibt eine ganze P1040048Menge davon. Aber wenigstens werden die langen Landstrassen von den Kreisverkehren aufgelockert. Muss man ja alles positiv sehen 😉

Die Landstrassen ziehen sich durch schier endlose Felder. Man könnte meinen, ganz Polen ist ein einziges Kartoffelfeld. Ok. Da wuchsen nicht nur Kartoffeln, aber der Vergleich klingt so schön.

Mädels am Strassenrand habe ich heute übrigens nur eins gesehen.

P1040051Tja. Und dann die Anfahrt zum spontan gebuchten Hotel, die hatte es in sich. Navi war ja in voller Absicht auch auf „Ungepflasterte Strassen nicht vermeiden“ eingestellt. Also sucht es sich den kurvigsten Weg dahin. Die Hauptstrasse wird zur Seitenstrasse, die Seitenstrasse biegt links ab auf etwas, dass ich nur mit viel Phantasie als überhaupt befahrbar angesehen hätte. Problem hier in der Gegend: Alles was irgendwie vom Asphalt runter geht, wird ganz schnell mal gerne zu Sand. Und Sand mit einer vollbeladenen 360 kg GS plus Gepäck plus Fahrer, das ist nicht lustig. Also angehalten und erstmal die Lage sondiert. Der Sand sah aber ganz fahrbar aus. Bis zu dem Punkt, an dem der mittlerweile nicht mehr ganz so fahrbare Weg nach links abbiegt und das Navi mich davon überzeugen möchte, gradeaus auf den Kartoffelacker zu fahren. Da waren am Rand zwei abschüssige Furchen, durch die wohl mal ein Trecker durch ist. Nur noch 3 km bis zum Hotel, aber 3 km können auf so einer Strecke quasi ohne Umkehrmöglichkeit alleine mit der Dicken und bei einsetzendem Regen schnell mal sehr lang werden. Also umdrehen. Diesmal ohne umfallen. Nächster Navikarten-Fail: Lässt mich links abbiegen und sagt, von da aus noch ein wenig. Steh ich vor nem Tor einer Firma. Letztlich hab ichs dann gefunden. Wer da nicht hin will, findet das nie. Aber ich hab auf den letzten paar Kilometern meine Meinung übers Platte Land geändert. Man kann hier auch Spass haben.

Tag 44 – Polen

16. August – 200 km von Berlin nach Długie


Karte generiert mit GPX-Viewer

Unerwartete Verzögerung heute morgen: Die Fernbedienung der GoPro war nicht aufzufinden. Da die Kamera vorne am Mopped fest ist, ist die Bedienung an der Kamera während der Fahrt sehr umständlich und in der Stadt auch nicht grade ungefährlich. Zum Glück fällt mir ein, wo sie ist. Leider muss ich dafür durch Berlin nach Westen in den Garten. Polen liegt aber im Osten. Um halb eins habe ich alles beisammen und es kann Richtung Polen losgehen — statt 10. Dafür habe ich mir nochmal die Strecke Siegessäule – Brandenburger Tor gegönnt. Hat man ja auch nicht alle Tage wenn man nicht grade in Berlin wohnt.

Das war mir zuletzt irgendwo in Südosteuropa aufgefallen: Es gibt Landstrassen an denen Frauen ganz offen ihre Dienste sexueller Natur anbieten. Da dachte ich noch: Andere Länder, andere Sitten. Aber kaum komme ich in die Nähe der polnischen Grenze, sehe ich, dass es das auch in Deutschland gibt. Nur hier stehen sie nicht rum, hier sitzen sie entsprechend hergerichtet in Stühlen an der Fahrbahn. Ich weiss nicht, wie es euch damit geht. Ich fand und finde das immer noch befremdlch.

P1040026Über die polnische Grenze ging es dank Schengen ganz einfach. Drüberfahren, fertig. Keine Zöllner, keine Warterei. Aber hier gibts wieder anderes Geld. Bei so vielen Ländern kommt da einiges an Währungen zusammen, um die man sich kümmern muss. Aber das ist echt ein Luxusproblem 😉

Dafür fand ich die Warnschilder an Zebrastreifen ganz putzig. Offensichtlich müssen kleine Mädchen hier mit Luftballons oder grossen Bonbons über die Strasse laufen.  Jungs dürfen da erst drüber, wenn sie erwachsen sind.

 

Tag 43 – Berlin

15. August – 47.9 km kreuz und quer durch Berlin

Karte generiert mit GPX-Viewer

Heute war „Ausrüstungs-Wiederinstandsetz-Tag“. Reifenwechsel, Bremsen-Check, technischer Check, warme Handschuhe kaufen, Ersatzmaterial besorgen, die letzten bulgarischen Lew eintauschen, Rubel kaufen. Und Currywurst-Pommes-Mayo essen ;-). Während ich so vor mich hinmampfe, entdecke ich dieses Wahlplakat und weiss nicht so recht, was ich davon halten soll. Die Zweideutigkeit behagt mir so gar nicht. Selbst dann nicht, wenn sie sich gegen politische Gruppen richtet, die meinen Gesinnungen nicht ferner sein könnten.

IMG_3789Ansonsten hat Berlin durchaus ein paar viele schöne Ecken, selbst wenn man nur durchfährt. Das Reichstagsgebäude bekam auch noch einen Besuch abgestattet. Lag ja auf dem Weg. Aus mir unerfindlichen Gründen bewegt es mich, wenn ich den Bau sehe.

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19.6 km in Berlin

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Heute war mal wieder ein eher ruhiger Tag. Ausgeschlafen, Umzug vom Garten in die Wohnung in Schöneberg, Flohmarkt und Kuchen holen 😉

Und dabei gemerkt, dass ich in der Nähe eines geschichtsträchtigen Ortes bin bzw. schon öfters war ohne es je gemerkt zu haben.

IMG_3769[Edit: 16.8.2016: Bild ergänzt]

Tag 41 – Thüringen, Bauhaus und Allergien

373 km von Sonneberg nach Berlin


Karte generiert mit GPX-Viewer

Danke nochmal an meine Gastgeber, die mir zwei sehr eindrückliche Tage in Thüringen geschenkt haben. Mein Fazit: Vollkommen unterschätzes Bundesland. Ein paar Punkte, die man wissen sollte

  • Es ist schön da
  • Der Thüringer Wald ist voll von klasse Moppedstrecken
  • Es gibt (zumindest in der Sonneberger Gegend) den Bratwurst-Freitag. Morgens um 8 schon frisch gegrillte Bratwurst vom Rost. Wo gibts das schon?
  • Es gibt Fleischereien. Also Läden, die sonstwo schon ausgestorben sind, in denen man Fleisch kaufen kann. Man muss nicht in den Supermarkt.
  • Beim Durchfahren fallen mir sehr viele sehr schön renovierte Dörfer auf. Das macht einfach Spass, das anzusehen

P1030997Ich bekomme den Eindruck, dass der Osten Deutschlands in ein paar Jahren voll die hippe Gegend wird. Genau so wie die ursprünglich eher unbeliebten Stadtteile, in denen erst keiner wohnen wollte und jetzt die Mietpreise explodieren. Kohls Spruch von den „blühenden Landschaften“ habe ich ja lange als Spinnerei abgetan. Aber heute habe ich zum ersten Mal verstanden, was er da im Kopf hatte. Hat nur viel länger gedauert als man sich da so gedacht hat.

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Meine Route führt mich über Dessau. Bauhaus kann ich nicht links liegen lassen und musste mir das nochmals anschauen. Leider nur kurz weil die Zeit nicht für eine ausgiebige Besichtigung ausreicht. Aber ich freu mich jedesmal, wenn ich Bauhaus sehe. Ich mag die schlichte Eleganz, die graden Linien und die einfache Schönheit dieses Stils.

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P1040016Später treffe auf dieses Schild, dessen verkehrstechnische Bedeutung mir zunächst vollkommen verschlossen bleibt. Ich verstehe die Worte, nur der Sinn bleibt mir verborgen. Ich erfahre später, dass es sich bei dem genannten Schädling um den Eichen-Prozessionsspinner handelt, dessen Brennhaare auch für Menschen nicht ungefährlich sind und Allergien/Asthma auslösen können. Welche Konsequenzen das allerdings im Strassenverkehr hat, das konnte mir bisher noch keiner erklären. Man könnte meinen, dass man besser durch diese Strasse nicht durchfahren sollte. Da ich die ganze Sache eh nicht verstanden hatte, bin ich durchgefahren. Passiert ist mir nichts.

Tag 40 – Deutsche Geschichte II

12. August – 0 km mit dem Mopped

Heute morgen nieselt’s und es soll auch so bleiben. Mir macht ja Regen nichts wenn ich unterwegs bin. Aber bei Regen losfahren wenn es Alternativen gibt, das ist nicht meins. Also schwingen wir uns ins Auto. Zugegebenermassen bin ich dann traurig darüber, weil die Strassen, die wir gefahren sind, die hätten mit dem Mopped so viel mehr Spass gemacht. Aber sei’s drum. Nasse Strassen sind auch viel weniger lustig als trockene. Und trocken und warm im Auto zu sitzen, das hat durchaus Charme.

Ziel heute: Bunkermuseum Frauenwald.  Zum einen interessiert mich das Leben in einem Deutschland, dass ich nie kennen gelernt habe und zum anderen ist so ein Bunker ja auch ein „Lost Place“. Und die finde ich per se spannend. Und was soll ich sagen: Lohnte sich. Nach der 45 minütigen Führung bin ich recht froh, wieder frische Luft atmen zu können. Die Vorstellung, da drin drei Wochen mit 129 anderen auszuhalten, das ist nichts was ich ganz oben auf meiner Wunschliste hätte.  Und auch heute sollen ein paar Bilder mehr als 1000 Worte erzählen.