23. August – 176.1 km von Narva nach St. Petersburg
Heute Aufbruch recht früh und erstmal tanken. Ich stehe vor der Zapfsäule, häng den Rüssel rein. Nichts. Das Gerät piept ganz hektisch. Ein freundlicher Russe kommt vorbei, drückt ein paar Tasten und gestikuliert mir, dass ich jetzt tanken könne und dann drin bezahlen. Ich bin angenehm überrascht. Russen haben sich bisher für mich durch alles Mögliche ausgezeichnet, aber nicht durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft.
Dann ab zur Grenze. Da fängt mich erstmal ein Grenzbeamter ab, ob ich denn schon mein Fahrzeug registriert hätte? Meinen Gesichtsausdruck hätte ich sehen wollen. Ich aber bewahre die Contenance und erkundige mich, wo ich das tun könne. Er zeigt auf die Karte vor meinem Gesicht: ‚Follow the black line‘.
Oookeh. Also wieder ein paar Kilometer aus der Stadt raus. Zum Registrierungsbüro. Am ‚Fenster 1‘ Reisepass und Fahrzeugpapiere vorzeigen. Der freundliche Herr knöpft mir 1.50 € ab und drückt mir sowas wie einen Kassenzettel mit den Worten in die Hand, ich müsse aber nicht bis zur angegebenen Zeit warten sondern könne gleich auf die andere Seite der Wartezone zu Fenster 2. Hat wohl Mitleid mit mir bei dem Regen.
Also zu Fenster 2. Der will den Kassenzettel sehen, will nochmal nen Euro, telefoniert und sagt, ich solle nochmal zum Mopped zurück und warten bis mein Kennzeichen auf der grossen Tafel erscheint. Ich richte mich mal auf Warten ein und fange an, mein von der Tanke mitgebrachtes Butterbrot zu essen. Damit komme ich aber nicht weit denn plötzlich geht es ganz schnell. Registrierungsnummer erhalten und wieder ab zur Grenze, in die Schlange anstellen.
Da sind mittlerweile ca 20 Autos vor mir und alle paar Minuten wird eins vorgelassen. Das kann ja dauern … Aber auch das geht recht schnell, verglichen mit der Prozedur die noch kommen sollte. Habe aber noch Zeit wie angefordert das Nummernschild zu säubern. Das sah aber auch tatsächlich aus wie Sau.
Ich weiss nicht mehr genau, wie viele Papiere bzw. Stempel ich bekommen und unterschrieben habe, wie viele Kontrollen ich durchlaufen musste. Ich versuch das mal aufzuzählen
- Fahrzeugregistrierung Fenster 1
- Fahrzeugregistrierung Fenster 2
- Pass- und Fahrzeugkontrolle auf estnischer Seite
- Passkontrolle und Formularaushändigung auf russischer Seite
- Pass- und Fahrzeugkontrolle auf russischer Seite
- Zollkontrolle der ausgefüllten Fomulare auf russischer Seite. Ach ja. Und Passkontrolle
- Passkontrolle bei Ausfahrt
Bei der ganzen Prozedur bekomme, unterschreibe und gebe ich diverse Zettelchen ab und hoffe jetzt einfach mal, dass ich die richtigen Zettelchen noch habe, um keine Probleme bei der Ausreise zu bekommen und keine Waschmaschine gekauft habe.
Bei Schritt 4 bekomme ich ein kleines Paper in den Reisepass gelegt und die Zolldokumente in doppelter Ausführung mit der Aufforderung zum Ausfüllen in die Hand gedrückt. Wo und wie, das bleibt mir überlassen. Auch wie ich die Papiere einigermassen trocken ausfülle. Die wollen bestimmt keine nassen Zolldokumente verarbeiten. Die Dokumente werden dann bei Schritt 6 geprüft und recht freundlich die fehlenden Angaben gemeinsam ergänzt. Bei dem noch unangetasteten Zettelchen im Reisepass guckt die Zollbeamtin mich vorwurfsvoll an, sagt tztztz und fängt an das für mich auszufüllen. Fand ich nett. Unterschreiben, teilen und die eine Hälfte bleibt bei mir. Das ist, wie ich später feststelle, die ‚Immigration Card‘ und bestimmt wichtig.
Und dann fertig. Durch. In Russland. Jetzt bleibt nur noch die Versicherung für das Mopped. Schweizer Versicherungen machen nämlich scheinbar in Russland nichts, wie mir die russisch/deutsch sprechende Reisebegleitung eines vor mir in der Zollkontrolle stehenden Reisebusses sagt. Aber gleich nach der Grenze gäbe es rechts Kioske, an denen könne man eine kaufen.
Nun ist der Begriff ‚Kiosk‘ ja recht weit gefasst. Erster Kiosk ist ein Büdchen und kann mit meinem Gestammele nach Insurance oder Versicherung natürlich nichts anfangen. Also weiter. Tanke. Gleiches Spiel, gleiches kein Glück. Dann kommt nichts mehr. Ich überlege kurz, einfach ohne Versicherung loszufahren. Geht eh scheinbar nur bis 11´000 EUR. Aber bei einer Polizeikontrolle möchte ich nicht ohne gültigen Versicherungsschutz da stehen und schon gar nicht im Falle eines Unfalls.
Also wieder zurück in Grenznähe, wo es noch estnisches Netz gibt, und per Google Translate Motorrad Versicherung für Russland kaufen mich durch die Gegend gefragt. Keine Ahnung, ob die Übersetzung gut ist, aber schliesslich lande ich tatsächlich in einem Versicherungskiosk und erwerbe für 900 RUB (knapp 12.30 EUR) eine Versicherung und viel Papier für einen Monat.
Englisch ist übrigens eine Fremdsprache. Und dass die hier sehr fremd ist, merke ich an jeder Ecke. Auch im Versicherungsbüro gehts nur per Google Translate auf beiden Seiten. Und einmal hilft mir meine Übersetzerin, die mir auch schon den Führerschein übersetzt hat. Den habe ich hier tatsächlich das erste Mal gebraucht und wurde anstandslos akzeptiert. Lob an http://www.auf-gut-russisch.de/.
Die restliche Fahrt ist regnerisch und langwierig. Die Strasse ist allerdings entgegegen meiner Erwartung sehr gut ausgebaut und recht modern. Anspruchsvoll wird es dann, einen Parkplatz zu finden, abzusatteln und mit sämtlichem Gepäck (ich will nix am Mopped lassen) im strömenden Regen auch noch das Hotel zu finden. Aber auch das hat letztlich geklappt. Die Gesichter der Touristen und Einheimischen waren allerdings belustigend.
Ich bin froh, dass ich eine Notreserve an Bargeld dabei habe. Denn meine „weltweit Geld zum Nulltarif abheben“ Kreditkarte spuckt der Automat wieder aus. Scheinbar ist St. Petersburg in diesem Sinne nicht mehr in der Welt — oder zumindest diese Bank nicht. Belustigend fand ich dann die Dame, die mir das Bargeld in der Bank wechselt. Ohne ein Wort, ohne die Miene auch nur eine Sekunde zu verziehen. Die könnte glatt bei der Grenzkontrolle anfangen.
St. Petersburg erreicht ! Scheint ja an der Grenze recht schnell gegangen zu sein und auch kein Schichtwechsel – klingt nach perfekt.
Und keinen der Zettel verlieren – auch nicht die kleinen wo man nicht weiß was die sollen.
Komisch – auch ich hatte Narva – St. Petersburg strömenden Regen ob das dort immer so ist? Dazu wurde es dunkel, jaja, in fremden Ländern sollte man nicht im dunklen … dazu der Zeitdruck, weil ja nachts die Brücken alle hochgeklappt werden. Im Hotel, haben wir dann erstmal den spiegelblanken Boden mit unseren tropfenden Sachen verschöhnt 😉
Hoffe das sich inzwischen wenigstens im touristischen Bereich etwas mehr die englische Sprache durchgesetzt hat. Tanken in Russland bei Statoil und Co. easy – auf dem Land meist erst bezahlen, dann wird die Säule freigeschaltet; bloss gut deine Kuh hat einen grossen Tank da must du nicht schaun das Du mit der Vorrauszahlung den genau voll bekommst. Wenn man freundlich ist, kann man aber auch verhandeln, das man danach das zuviel gezahlte zurück bekommt.
Heut ist schön geworden :). Sonnenschein und 20 Grad. So lass ich mir den Stadtbummel gefallen 🙂
Im Restaurant in dem ich gestern war, kam ich mit Englisch gut durch. Die hatten sogar ne englische Karte.
Hehe. Wegen Tanken: Ich hab in Estland noch vollgemacht. Das reicht für 600 km. Damit komm ich bis Finnland. Locker!
…im Notfall melden, meine Ex-Frau lebt in St.Petersburg :o)
Gruss, Rmoan
…sollte „Roman“ heissen – ist zu heiss im Büro
Hihi. Danke. Bin schon in Finnland. Hier sinds angenehme 15 °C :-). Hab nur gestern noch den Post nicht geschafft, weil ich mich zu lang in der Stadt rumgetrieben hab 😉