Motorrad-Reisen und -Touren

Viele Deutsche sind eigentlich Araber

190 km von Magadino nach Terrugia

Am Morgen wurde ich vom 7-Uhr-Läuten der örtlichen Kirche aus dem Schlaf gebimmelt. Scheinbar machen mir die Autos und die Moppeds, die direkt vor dem Fenster vorbei gefahren sind nix. Aber die Glocken, die wasweißichwo leise vor sich hin gebimmelt haben, die haben mich wach bekommen.

Wach. Achja. Da war noch was. Der vergangene Abend kommt mir vor wie ein Traum aber nachdem mein Hirn auch den Wachzustand erreicht hat, erinnere ich mich ganz deutlich. Kein Traum.

Ich bin wach! Und die Koffer stehen vor der Türe wo wir sie hingestellt haben. Ergo hat uns niemand über Nacht was angetan. Wir einigen uns darauf, um weiteres Konfliktpotential zu vermeiden, dass wir runter zum Frühstück gehen und gleich bezahlen.

Aber der Wirt hatte das plötzlich gar nicht mehr eilig und bat mich bis nach dem Frühstück zu warten. Ok, denke ich. Er hat sich wohl wieder beruhigt. Alles schein ganz normal, wie in jedem anderen Hotel auch. Wir bekommen unser Frühstück und außer einem etwas unbehaglichen Gefühl scheint alles immer noch normal zu sein.

Bis er anfängt einem anderen Gast etwas auf Schwyzerdütsch zu erzählen, das so laut und deutlich ist, dass wir es mitbekommen müssen. Er zetert über Deutsche und die Merkelin (immerhin, ich wüsste nicht, wie das Schweizer Pendant heißt). Und dann fällt der denkwürdige Satz: „Viele Deutsche sind eigentlich Araber“. Und weiter, dass scheinbar besonders die Stuttgarter, Deutsch-Araber/Araber-Deutschen ganz besonders viele schlimme Dinge da getan hätten wo er herkommt. Damit erklärt sich seine Antipathie wenn man seine Mazedonien-Anspielung von gestern und seine Herkunft aus dieser Ecke Europas mit einbezieht. Und mein Bart und die Glatze tun wohl den Rest dazu. Ich denke immer noch gleich springt Kurt Felix aus irgendeiner Ecke.

Trotzdem bleibt mir der Bissen im Hals stecken und ich beschließe auf abgepacktes Frühstückszubehör umzusteigen. Wer mich kennt weiß, das Marmelade zum Frühstück so GAR nicht geht. Eigentlich. Aber heute morgen habe ich mich auf Himbeer-Marmelade (abgepackt) besonnen. Das schien mir am sichersten.

Also nichts wie weg. Mit Kreditkarte bezahlt. Die wollte er als Pfand behalten bis wir den Zimmerschlüssel abgeben. Als ich ganz heftig insistiert habe und ihm stattdessen meinen Ausweis angeboten hab, bekomme ich meine Karte zurück. Wie auch immer: Moppeds waren noch da, unbeschädigt und fahrbereit. Nichts wie weg aus dem Gruselkabinett.

IMG_4257_50%Am See entlang und nach ca. 30 Kilometern das gelobte Land: Italien. Ich war nach dieser Erfahrung erstmal froh, aus der Schweiz wieder draußen zu sein. Der Fairness halber erwähne ich, dass ich mich ansonsten dort sehr wohl fühle und wir wohl einen ausgesprochen hartgesottenen Gesellen erwischt hatten.

Da wir massig Zeit hatten, ging’s erstmal an den erstbesten Strand und außerordentlich netten Menschen, die uns in der dortigen Restauration bewirtet haben. Irgendwann bin ich wohl eingenickt und merke wie ich von Glocken wach werde. Mmmh. Ein Zeichen? Wieder mal hat mich der ganze Lärm drumrum nicht gestört. Aber die Glocken ….

IMG_4255_50%Der Rest der Reise war genau so ereignislos wie langweilig. Die italienische Autobahn war genau so langweilig wie die Schweizer, nur noch leerer. Wenn mal ein Auto kam das es zu überholen galt, war das schon ein Highlight.

Und dann irgendwo mitten im nirgendwo das Hotel vom Feinsten. Alles was das Herz begehrt inkl. zweier Pools — und Glocken der naheliegenden Kirche :D.

Und das Abendessen steht dem Ensemble in nichts nach. Qualität, Quantität und Geschwindigkeit: Note 1. Erstaunlich wie diese 5 Leute es geschafft haben, uns 180 Motorradfahrer in Nullkommanix mit Essen zu versorgen. Und WAS für welches. Eins weiß ich: Ich werde mich sicherlich erstmal nicht auf die Waage trauen, wenn ich zurück bin 😉